— 117 —
Reichstag als einheitliche Versammlung gedacht. Und sollte dar-
über je ein Zweifel auftauchen, so genügte es zu seiner Erledi-
gung, daß Art. 27 nur von einer Geschäftsordnung und von
einem Präsidenten spricht. Zwei Häuser bedürften auch geson-
derter Geschäftsordnungen und Organe.
Etwas anderes aber ist es, ob eine solche Gliederung des
Reichstags nicht etwa für die Zukunft politisch zweckmäßig
wäre und ob sie sich ohne Zerstörung der Grundlagen unserer
Reichsverfassung durch ein verfassungsänderndes Gesetz im Wege
des Art. 78 durchführen ließe.
Einiges Licht fällt auf diese Frage aus der Verhandlung des
verfassungsberatenden Reichstages des norddeutschen Bundes von
1867, der sich in seiner 21. Sıtzung am 28. März ziemlich ein-
gehend neben der Wahlrechtsordnung auch mit der Oberhausfrage
beschäftigt hat.
Zum Art. 21 des Verfassungsentwurfes der norddeutschen
Regierungen, welcher die Einführung des allgemeinen und direkten
Wahlrechtes für den Reichstag vorschlug, lagen zwei Anträge,
ein Oberhaus betreffend, vor.
Der eine Antrag ZACHARIÄ, der die Unterstützung von 16
Mitgliedern fand, ist als 71. Verbesserungsvorschlag unter Nr. 40
der Aktenstücke im Druck erschienen? und lautete:
„Der Reichstag wolle beschließen:
l. vor Art. 21 einen Artikel folgenden Inhalts einzuschalten:
Der Reichstag besteht aus zwei Häusern, einem
Oberhaus und einem Unterhaus.
2. Die Herren Bundes-Kommissarien zu ersuchen, über die
Bildung des Oberhauses eine Vorlage der verbündeten Regierungen
an den gegenwärtigen Reichstag zu veranlassen.“
Der zweite, nicht unterstützte Antrag Graf GALEN ist als
65. und 66. Verbesserungsvorschlag zu Art. 5 und 21 unter Nr. 34
2 Stenogr. Berichte üb. d. Verh. des Reichstags des Nordd. Bundes im
J. 1867. 2. Bd. S. 53.