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land und anderwärts gemachten und noch im Gang befindlichen
Versuche der Gesetzgebung, prüfen wir auch die Wirkungen der
Wahlgesetze, so finden wir drei Haupttatsachen:
1. die Bewegung für Ausdehnung des Wahlrechtes ist überall
in der Welt eine der stärksten, politischen 'Triebkräfte und sie ist
noch immer in der Zunahme begriffen,
2. alle Versuche mit Einschränkungen des allgemeinen, glei-
chen und geheimen Wahlrechtes, insbesondere das Klassenwahl-
recht mit Zensus und das Pluralwahlrecht haben bisher nur be-
grenzte Erfolge gehabt und keines dieser beschränkten Wahl-
rechte hat allgemein befriedigt und einwandfrei gearbeitet,
3. auch das allgemeine und gleiche Wahlrecht und selbst die
subjektiv gerechte Vollendung desselben im Verhältniswahlrecht
erfüllt nicht die letzten und höchsten Forderungen, welche an eine
Parlamentsbildung billigerweise zu stellen sind.
Es kann hier, dem Plane dieser Untersuchung gemäß, nicht
die Absicht sein, diese 3 Thesen ausführlich zu begründen. Ich
behalte mir solche Begründung für andre Gelegenheit vor, doch
darf wohl angenommen werden, daß in wissenschaftlichen Kreisen,
von speziellen auch hier gelegentlich auftretenden Wahlwünschen
abgesehen, die in jenen Thesen niedergelegten Erfahrungsergeb-
nisse auf allgemeine Zustimmung rechnen dürfen.
Selbstverständlich kommt es bei der Beurteilung jedes Wahl-
rechtes vor allem darauf an, was damit erreicht werden soll. Je
nach dem politischen Standpunkt, den man einnimmt, wird man
ein ausgedehnteres oder beschränkteres Wahlrecht erstreben; je
nach der Schätzung der politischen Reife der Massen wird man
dem ausgedehnteren Wahlrecht geneigter oder minder geneigt
sein; je nach der Betonung des Gerechtigkeits- oder des Nützlich-
keitsstandpunktes wird man mehr Wert auf die subjektive Seite
des Wahlrechtes oder auf das zu erzielende Wahlergebnis legen.
Sehon hieraus ist zu erkennen, daß das Streben nach einem allge-
mein befriedigenden Wahlrecht eine Utopie ist und daß es ein