Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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In Kürze wird es sich also darum handeln: 
Soll der Reichstag die tatsächliche politische Schwäche, die 
ihm durch seine relative Jugend, seinen einfachen Bau, sein Zu- 
ständigkeitsrezept, seine tatsächliche Parteigliederung und zu alle- 
dem vielleicht auch durch die Parteipolitik der Reichsleitung 
eigentümlich geworden ist, bewahren oder soll ihm entsprechend 
einem Gesetz historischen Wachstums durch Bau, Rechte und 
Parteileben höhere Bedeutung zukommen? 
Ein starker demokratischer Wille regt sich im Volke. Er 
fordert höhere Bedeutung des Reichstags entsprechend der höheren 
historischen, durch den Krieg bewährten, politischen Bestimmung 
des Volkes. Diesem starken demokratischen Willen wirken Kräfte 
entgegen, unter denen, wie es scheint, die Monarchen nicht die 
wirksamsten sind. Unsere Monarchen zeigen vielmehr ein deut- 
liches Bestreben, mit den im Volke lebendigen Willenskräften in 
nähere Fühlung zu gelangen und diese Fühlung auf verfassungs- 
mäßigem Entwicklungswege nach Möglichkeit zu stärken. Es 
sind andere, volksscheue Elemente, die sich zu gewaltheischenden 
Kreisen zusammenschließen, um den zwischen Monarchie und Volk 
drohenden Zwiespalt zu vertiefen und die Herrschaft über beide 
zu gewinnen. 
Der Reichstag nun ist das verfassungsmäßige Organ, an dem 
und in dem diese Bewegungen am deutlichsten wahrnehmbar wer- 
den. Jene die Herrschaft außerhalb des Reichstags erstrebenden 
Kreise, denen die Monarchie vielfach nur als Schild gegen die 
Demokratie gilt, halten sich für berufen, den Reichstag in seiner 
Schwäche zu erhalten und die Monarchie durch ein Aufge- 
bot von Massen einzuschüchtern, um auf diese Weise selbst die 
Oberhand zu gewinnen. Ihre Kriegsziel- und Wahlpolitik und 
ihr formaler Konservativismus gegenüber den bestehenden Ein- 
richtungen im Reich lassen die Wege dieser Herrschaftspolitik 
immer deutlicher erkennen. 
Mag diese hochspannende Bewegung nun in ihren letzten
	        
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