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In Kürze wird es sich also darum handeln:
Soll der Reichstag die tatsächliche politische Schwäche, die
ihm durch seine relative Jugend, seinen einfachen Bau, sein Zu-
ständigkeitsrezept, seine tatsächliche Parteigliederung und zu alle-
dem vielleicht auch durch die Parteipolitik der Reichsleitung
eigentümlich geworden ist, bewahren oder soll ihm entsprechend
einem Gesetz historischen Wachstums durch Bau, Rechte und
Parteileben höhere Bedeutung zukommen?
Ein starker demokratischer Wille regt sich im Volke. Er
fordert höhere Bedeutung des Reichstags entsprechend der höheren
historischen, durch den Krieg bewährten, politischen Bestimmung
des Volkes. Diesem starken demokratischen Willen wirken Kräfte
entgegen, unter denen, wie es scheint, die Monarchen nicht die
wirksamsten sind. Unsere Monarchen zeigen vielmehr ein deut-
liches Bestreben, mit den im Volke lebendigen Willenskräften in
nähere Fühlung zu gelangen und diese Fühlung auf verfassungs-
mäßigem Entwicklungswege nach Möglichkeit zu stärken. Es
sind andere, volksscheue Elemente, die sich zu gewaltheischenden
Kreisen zusammenschließen, um den zwischen Monarchie und Volk
drohenden Zwiespalt zu vertiefen und die Herrschaft über beide
zu gewinnen.
Der Reichstag nun ist das verfassungsmäßige Organ, an dem
und in dem diese Bewegungen am deutlichsten wahrnehmbar wer-
den. Jene die Herrschaft außerhalb des Reichstags erstrebenden
Kreise, denen die Monarchie vielfach nur als Schild gegen die
Demokratie gilt, halten sich für berufen, den Reichstag in seiner
Schwäche zu erhalten und die Monarchie durch ein Aufge-
bot von Massen einzuschüchtern, um auf diese Weise selbst die
Oberhand zu gewinnen. Ihre Kriegsziel- und Wahlpolitik und
ihr formaler Konservativismus gegenüber den bestehenden Ein-
richtungen im Reich lassen die Wege dieser Herrschaftspolitik
immer deutlicher erkennen.
Mag diese hochspannende Bewegung nun in ihren letzten