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Oberhaus zu setzen, dem die verfassungsmäßige Bestimmung zu
geben wäre, diesen Schutz in aller Unmittelbarkeit und offen zu
üben.
Dabei ist vor allem zu achten, daß dieser Schutz nicht Per-
sonen, sondern Interessen zuteil werde. Ueber die schutzwürdigen
und durch ihre Vertreter zur positiven Geltung berufenen Inter-
essengruppen nun und über ihre ziffermäßige Bewertung mag man
streiten. Die Gesamtzahl der Mitglieder braucht diejenige des
Unterhauses nicht zu erreichen, wird aber nicht allzuweit hinter
ihr zurückbleiben dürfen. Auf eine mathematisch genaue Ab-
zirkelung der Vertretungsstärke der einzelnen Interessengruppen
gegeneinander kommt es nicht an. Das weitaus Wichtigste scheint
mir zu sein, daß man sich über die Bewertung der Hauptgruppen
im Großen schlüssig werde und daß man dabei nicht in den
Hauptfehler unserer gegenwärtig herrschenden Schätzung verfalle,
die den Sinn für die geistigen Werte im Vergleiche zu den wirt-
schaftlichen verloren zu haben scheint.
Aus dem Stegreife gesprochen, scheint mir im wesentlichen
eine Drittelung das Richtige zu treffen: ein Drittel den wirtschaft-
lichen, ein Drittel den geistigen Kräften und das dritte Drittel den
Gemeinden, Glaubensgesellschaften, Beamten und dem Geburtsadel.
Eine weitere Drittelung hätte sich dann in der Weise anzuschließen,
daß das ganze Haus zu höchstens einem Drittel der Besetzung
durch Ernennung, die anderen zwei Drittel aber durch allgemeine
und korporative Wahl oder kraft Amtes oder Geburtsrechtes zu
berufen wären. Für ein Oberhaus des Reichs käme bei dem zu
ernennenden Drittel ein gemeinsames oder alternierendes Ernen-
nungsrecht des Kaisers und des Bundesrates in Betracht. Um dem
oben gerügten Mangel an Homogenität zwischen Reichstag und
Landtagen einigermaßen abzuhelfen und die Zahl der wünschens-
werten Doppelmandate zu vermehren, wäre den Landtagen ein
begrenztes Abordnungsrecht zu gewähren und zwar, wo Zweikam-
mersystem besteht, nach dem Grundsatze der Gleichberechtigung.