Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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ches auf eine besondere Weise eingebaut. Die rechtliche Natur 
des Reichslandes war lange Zeit sehr bestritten und ist auch heute 
noch nicht völlig unbestritten. Bis zur neuen Verfassung von 
1911 glich es in der Form der Beherrschtheit einem Schutzge- 
biet, seither gleicht es einem Bundesstaat, ohne doch ein solcher 
zu sein. 
Es ist nicht Staat, denn es fehlt ihm trotz Landtag und 
Landesgesetzgebung die eigene, bodenständige Herrschaft und es 
ist nicht Bundesstaat, denn es fehlt ihm trotz Stimmrecht im ' 
Bundesrat die selbständige Mitgliedschaft. Es hat niemals durch 
eigenen Willen seinen Beitritt zum Bunde erklärt. Die geschicht- 
lichen Spuren der Unterwerfung unter die Gewalt des Deutschen 
Reiches sind seit dem Angliederungsgesetz von 1871 zwar immer 
mehr verwischt worden, aber doch nicht völlig verschwunden. 
Es hat jetzt wenig Interesse, die zum Teil sehr geistvollen 
Konstruktionen wiederzugeben oder kritisch zu beleuchten, welche 
seit 1871 und neuerdings wieder seit 1911 vorgenommen worden 
sind, um die besondere Rechtsnatur des Reichslandes und seines 
staatsrechtlichen Verhältnisses zum Deutschen Reich und den 
Bundesstaaten des Reiches zu erklären. 
Wichtiger ist jetzt die künftige staatsrechtliche Gestaltung 
dieser Verhältnisse. In dieser Hinsicht fehlt es nicht an älteren 
und neueren Vorschlägen. Man findet die denkbar widerspre- 
chendsten Vorschläge und Begründungen: Einverleibung in Preu- 
ßen, Aufteilung zwischen Preußen und anderen deutschen Staaten, 
Umwandlung in einen vollen Bundesstaat, Belassung als Reichs- 
land mit oder ohne Steigerung seiner Autonomie. Diese Vorschläge 
kehren in allerhand Variationen immer wieder. 
Es ist klar, daß die Einverleibungs- und Aufteilungsprojekte 
die radikale Lösung der Bestands- und Verfassungsfrage be- 
deuten. Elsaß-Lothringen würde alsdann verschwinden und seine 
Bevölkerung bliebe der Verschmelzung mit dem Einverleibungsstaate 
oder denmehreren Einverleibungsstaaten überantwortet. Die „Frage“
	        
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