Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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wäre aber unrichtig, hieraus auf die rechtliche Unmöglichkeit sol- 
cher Bestandesveränderungen zu schließen. Zunächst steht der Auf- 
nahme neuer Mitglieder in das Reich weder ein völkerrechtliches 
noch ein staatsrechtliches Hindernis im Wege. Nur die Ansichten 
über den Weg der Aufnahme neuer Mitglieder sind geteilt. Wäh- 
rend die einen annehmen, es genüge der Weg des verfassungs- 
ändernden Reichsgesetzes nach Art. 78 Abs. I der Reichsverfas- 
sung, wird von anderer Seite mit Rücksicht auf die vertragsmä- 
ßige Begründung des Reiches und die Bundesnatur desselben als 
gültige Aufnahmeerklärung des Reichs nur ein einstimmiger Be- 
schluß der Staaten für genügend angesehen. Ich halte diese An- 
sicht für richtig, halte aber, nachdem die Staaten durch die 
Reichsverfassung im Bundesrat ein Organ der Willensbildung in 
Reichsangelegenheiten besitzen, einen einstimmigen Beschluß des 
Bundesrates für genügend, um den Staatenwillen mit Gültigkeit 
für das Reich zum Ausdruck zu bringen. Um dann den Reichs- 
willen als solehen zur verfassungsmäßig vollgültigen Form zu 
bringen, bedürfte es noch der Zustimmung des Reichstages, .also 
eines Reichsgesetzes. 
Auf diese Weise kann das Reich in seinen staatsrechtlichen 
Verband jeden beliebigen fremden Staat, der diese Aufnahme sucht, 
aufnehmen. 
Die Frage freilich, ob das gleiche auch hinsichtlich eines 
Reichslandes, das selbst nicht Staat ist, geschehen könnte, ist damit. 
noch nicht erledigt. In diese Frage ist die andre eingeschlossen, 
ob das Reich ein Reichsland in einen Staat umwandeln kann. Sie 
muß vorher und gesondert beantwortet werden. Mag man das 
Reich als Staat oder Bund erklären, die Fähigkeit einen Staat ın 
sich durch Rechtsakt zu schaffen, besitzt es nicht. Es wider- 
spräche dem Wesen des Staates, wenn er allein durch einen 
Reehtsakt irgend eines anderen Gemeinwesens geschaffen werden 
sollte. Selbst wenn man den von den meisten zur Konstruktion 
der Rechtsnatur des Reiches benützten Bundesstaatsbegriff zugrunde
	        
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