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sofern unsere Untersuchung zu einer Ablehnung des Verteidigungs-
rechts führen sollte. Zu beachten ist allerdings, daß sich prak-
tisch die „Verteidigung“ von Handelsschiffen gegen die Ausübung
des Anhalterechts in sehr vielen Fällen als ein „Angriff“ dar-
stellen wird.
Was nun das Verteidigungsrecht anbelangt, so ist hier zu
unterscheiden zwischen der Seekriegsführung und dem Seekriegs-
recht früherer Jahrhunderte und demjenigen der Gegenwart. Es
kann hier dahingestellt bleiben, ob für die Vergangenheit ein Ver-
teidigungsrecht der Handelsschiffe anzuerkennen ist oder nicht.
Ohne Zweifel läßt sich für die Perioden, in denen die „Kaperei*
als rechtlich erlaubt galt, auch zugunsten des Verteidigungsrechts
manches anführen. Denn das Recht der Kaperei führte zu einer
Verwischung der Grenzlinie zwischen vom Staat ausgerüsteten
und kontrollierten Kriegsschiffen einerseits und Privatschiffen an-
dererseits, und damit überhaupt zu einer Verwischung des Unter-
schiedes von Kombattanten und Nichtkombattanten im Seekrieg
(eines Unterschiedes, der sich in seiner rechtlich entscheidenden
Bedeutung übrigens auch für den Landkrieg mit voller Schärfe
erst im 19. Jahrhundert ausgebildet hat). Zweifellos haben sich
die von Privatpersonen ausgerüsteten und nur durch staatliche
„Kaperbriefe* autorisierten „Kaperschiffe“ und ihre Mannschaften
nicht immer bei der Jagd auf Handelsschiffe streng an die Regeln
des Seekriegsrechts gehalten; oft mochte ferner ein gut ausge-
rüstetes und einigermaßen mit Kanonen bewaffnetes Handelsschiff
dem feindlichen Kaper weit überlegen sein'®, und da wäre es viel-
leicht im Einzelfall für das Handelsschiff eine schwere Zumutung
gewesen, sich ohne Widerstand die Aufbringung durch das Kaper-
schiff gefallen zu lassen. Durch die Abschaffung der Kaperei seit
der Pariser Seerechtsdeklaration von 1856 und durch den Fort-
schritt der modernen Kriegsschiffbautechnik ist die Sachlage in
ı8 Vgl. TRIEPEL $. 378.