Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Pflicht durch das Kriegsschiff, nicht aber die Ausübung eines 
völkerrechtlichen Rechtes darstelle (während OPPENHEIM andrer- 
seits anerkennt, daß die Anhaltung eines neutralen Handels- 
schiffs durch ein Kriegsschiff die Ausübung eines Rechtes sei). 
OPPENHEIM lehnt es dabei ab, für die Besatzung des Handels- 
schiffes den juristischen Gesichtspunkt der „Notwehr“ im strengen 
Sinn aufzustellen, er will nur den Handelsschiffen die Befugnis 
geben, sich gegen einen an sich nicht völkerrechtswidrigen 
Akt der Feindseligkeit zu verteidigen (während „Notwehr“ ihrem 
Begriffe nach stets „Verteidigung gegen einen rechtswidri- 
gen Angriff“ bedeutet). OPRENHEIM sagt (S. 163): 
„Wie jeder andere rechtgemäße Akt der Feindseligkeiten 
nicht die Pflicht der Gegenpartei bedingt, sich dem Akt zu unter- 
werfen, so bedingt auch die Rechtgemäßheit der Wegnahme der 
feindlichen Schiffe keine Pflicht derselben, sich der Wegnahme 
nicht zu widersetzen“. 
Ausführlich sucht er ferner zu beweisen, daß zwischen dem 
Seebeuterecht gegen feindliche Handelsschiffe und dem Requi- 
sitionsrecht im Landkrieg ein grundsätzlicher Unterschied bestehe. 
Ein zweites Hauptargument OPPENHEIMSs ist folgendes: Die Weg- 
nahme eines feindlichen Handelsschiffes habe gemäß Art. 6 
der 11. Konvention der II. Haager Friedenskonferenz?° für die 
Besatzung eventuell die Kriegsgefangenschaft zur Folge; damit 
sei auch für die Gegenwart ausdrücklich anerkannt, daß die Per- 
sonen der Handelsschiffsbesatzungen kriegführender Staaten „po- 
20 Der Artikel 6 lautet: „Le capitaine, les officiers et les membres de 
l’equipage nationaux de l’Etat ennemi, ne sont pas faits prisonniers de 
guerre, & condition qu'ils s’engagent, sous la foi d’une promesse formelle 
ecrite, a ne prendre, pendant la duree des hostilites, aucun service ayant 
rapport avec les operations de la guerre“. („Der Kapitän, die Offiziere 
und die Mitglieder der Mannschaft, die dem feindlichen Staate angehören, 
werden nicht zu Kriegsgefangenen gemacht, sofern sie sich unter Bekräf- 
tigung mit einem förmlichen schriftlichen Versprechen verpflichten, wäh- 
rend der Dauer der Feindseligkeiten keinen Dienst zu übernehmen, der mit 
den Kriegsunternehmungen im Zusammenhange steht.“)
	        
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