Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Reiches volle Freiheit von wegen der Reichsverfassung. Daß 
landesstaatsrechtlich ein Teilungsverbot entgegenstünde, kann nicht 
hindern, diese Möglichkeit vom Standpunkt des Reichsrechts aus 
zu betrachten. Denn das landesrechtliche Verbot kann durch 
Landesverfassungsänderung völlig rechtmäßig aufgehoben werden. 
So unbeschränkt Herr die Gliedstaaten über ihr Gebiet, ja 
über ihre Staatspersönlichkeit innerhalb des Reichsverbandes sind, 
so begrenzt ist das Reich auf diesem Felde. Ihm steht nämlich 
ohne den Willen des Gliedstaates keine Verfügung über dessen 
Gebiet oder Bestand zu. „Die Zuständigkeitsgrenze zwischen Reich 
und Einzelstaat ist zugleich die Grenze, welche die Gebietshoheit 
des Reiches am Reichsgebiet von der Gebietshoheit der Staaten 
am Staatsgebiet scheidet.“ Darnach kann das Reich Verwaltungs- 
bezirke verschiedenster Art schaffen und umgrenzen (z. B. Art. 18, 
Art. 48 RV.), kann Eisenbahnen bauen (Art. 41 RV.), Festungen 
anlegen (Art. 65 RV.), u.a. m. Eine Verfügung über das Gebiet 
der Bundesstaaten an der Binnen- oder der Außengrenze steht 
ihm aber bei fortdauernder Verfassung nicht zu. Denn bei Grenz- 
veränderungen dem Auslande gegenüber muß Art. 1 geändert 
werden — hievon wird weiter unten noch zu sprechen sein —, bei 
solchen im Inlande muß dem Reich erst die Zuständigkeit für den 
treffenden Fall geschaffen werden. Auch nicht nach Art. 11 Abs. 1 
und 3 RV. kann das Reich ohne weiteres über Gliedstaatsgebiet 
verfügen. Diese Bestimmung bezielt zunächst nur, soweit es sich 
um Friedensschlüsse handelt, die Zuständigkeit des Kaisers zum 
völkerrechtlichen Abschluß von solchen Verträgen auszusprechen. 
Nächstdem, soweit Stoffe berührt werden, die dem Gesetzgebungs- 
verfahren zugewiesen sind, will sie hiefür die Regeln des Reichs- 
verfassungsrechts aufrecht erhalten. Solange „politische Notwen- 
digkeit noch kein Rechtsgrund“ ist, solange kann dadurch dem 
Reich noch kein uubeschränktes Verfügungsrecht über Gliedstaats- 
gebiet als zugeteilt befunden werden. Denn über den Ausschluß 
gliedstaatlicher Zustimmung zur Abtretung von mittelbarem, nicht
	        
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