Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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entsprechend durchzuführen suchte: Das Rechtsschutzmittel des 
materiellen Völkerrechts, das in einem eigentümlichen Verfahren 
zur Geltung gebracht wird, ist — der Krieg". 
Es beruht aber auch nur auf einer freundlichen Selbsttäu- 
schung, so ohne weiteres wieder mit jenen zwei „positiven Rechts- 
quellen“ arbeiten zu wollen. Die Voraussetzungen fehlen ja hier, 
unter denen sie zur Wirkung gelangen könnten. 
Im Vertrag wirkt der geeinigte Wille der Vertragspar- 
teien. Warum wirkt er im Zivilrecht so? Einzig deshalb, weil 
der über jenem stehende Zivilrechtssatz eine solche Wirkung 
verleiht. Für den völkerrechtlichen Verkehr wäre ein ent- 
sprechender Rechtssatz nicht aufzuweisen. Wer sich das ersparen 
zu können glaubt, der arbeitet eben doch noch mit Naturrecht, 
bewußt oder unbewußt "°?. 
Auch im Gewohnheitsrecht ist nichts Eigenständiges, 
Die sehönste Gewohnheit hilft nichts, wenn der Staat sie nicht 
durch seine Richter anerkennen und handhaben läßt. Wie weit 
er das tun will, ist seine Sache. Ueber den Staaten gibt es aber, 
was man schon oft bedauernd hervorgehoben hat, weder einen 
Gesetzgeber noch einen Richter, also kann es auch nichts geben, 
was dem zivilrechtlichen Gewohnheitsrecht entspräche '*! 
  
12 BULMERING, Syst. d. V. R.S. 64 fl.: das Völkerrecht hat zwei Haupt- 
teile: das materielle und das formelle; letzteres bedeutet das Verfahren, 
insbesondere auch den Krieg (S. 65), eine „nur rein äußerlich mit dem 
Zivilrecht korrespondierende Ordnung.“ v. KALTENBORN, Kritik d. V. R. 
S. 316: Krieg ein „internationales Rechtsmittel“. BLunTscHLı, Mod. V.R. 
S. 7: der Krieg eine „rohe und unsichere Form des Rechtsschutzes*. LAs- 
son, V. R. S. 67 führt das sogar als gemeine Meinung auf, die er bekämpft; 
dazu auch S. 171: „der Krieg als Rechtsprozeß*. 
18 Oder er verschiebt die Frage überhaupt von dem Boden des Rechtes 
auf den der Moral: Wortbruch, auch wo eine rechtliche Verpflichtung 
nicht bestand, kann unehrenhaft und ungerecht sein. Auch das wird für 
unseren Gegenstand von Wichtigkeit, sofern eben das Moralische hier von 
Wichtigkeit wird. Davon aber sprechen wir erst weiter unten. Hier ist 
zunächst nur von Recht und Rechtsform allein die Rede. 
1# Grundsätzliches über die Frage des Fortbestandes von Gewohnheits- 
 
	        
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