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der Einverleibung, der Verschmelzung von Bundesstaaten aus einer
Quelle fließen und gemeinsam laufen.
Selbstverständlich ist einmal, daß jeder deutsche Gliedstaat
im Bundesrate vertreten sein muß. Das ergibt sich aus dem Wesen
des Reichs als Bundesstaat und aus der Notwendigkeit, daß jeder
Gliedstaat Mitbildner des Reichswillens ist. Anders würde er sich
als Staat im Reiche sehr bald nicht mehr behaupten können.
Seine Staatseigenschaft müßte sich allmählich in die eines Reichs-
landes verflüchtigen. Bei Teilung bestehender Bundesstaaten muß
also jeder der neuen Teile mindestens eine Stimme im Bundesrat
erhalten.
In den übrigen Fällen aber gibt vielleicht Art. 6 RV. einen
Wegweiser für den Gesetzgeber? Wenn der Gesetzgeber damals
verfügte, daß „Preußen mit den ehemaligen Stimmen von Han-
nover (4), Kurhessen (3), Holstein (3), Nassau (2), und Frank-
furt (1) siebzehn Stimmen führt,* so rechtfertigt das möglicher-
weise den Schluß, daß bei weiter vorkommenden Fällen der Ein-
verleibung oder Verschmelzung die Stimmen der mehreren zu-
sammengefaßten Staaten wiederum, vom Gesetzgeber, zusammen-
zuzählen seien. Erlaubt Art. 6 RV. diesen Schluß?
Wie kam es denn zur Berechnung der preußischen Stimmen-
zahl? Fest steht, daß die Verteilung der Bundesratsstimmen in
Art. 6 Nd. BV. und RV. nicht annähernd dem Gebietsumfang,
der Einwohnerzahl, der wirtschaftlichen oder sonstigen Bedeutung
der einzelnen Staaten entspricht. Andernfalls müßte z. B. Preußen
reichlich die Mehrheit aller Bundesratsstimmen zu führen haben.
Den hervorragend staatsmännischen Grund für die geltende Ver-
teilung hat der Bundeskanzler in der Reichstagssitzung vom
26. März 1867 (Sten. Ber. S. 350) angegeben. Für sie war bei
den verbündeten Regierungen Einigkeit zu erzielen. Warum?
Weil trotz der ungenau gewordenen Verteilung die Verbündeten
sich fünfzig Jahre, in den Zeiten des Deutschen Bundes, daran
gewöhnt hatten. Ein rein äußerer, kein innerer Grund, daß viel-