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aussetzung der größeren Unvollkommenheit eines Listenverfahrens
angängig erscheint, dann ist ihr damit überhaupt das Todesurteil
gesprochen!
Auch gegen die außerdem stattfindende Bekämpfung der einen
Stimmteile gegenüber anderen desselben Wählers, insofern sie als
Kandidatenstimmen auf die Zuteilung der Sitze innerhalb der Listen
wirken, ist man bereits dazu gelangt, dem Wähler durch Ver-
stattung einer beschränkten Stimmenhäufung die Möglichkeit zu
geben, seine Stimmteile enger zusammenzuhalten und ihn dadurch
weniger in die Versuchung zu führen, noch welche auf eine an-
dere Liste zu zersplittern. Der Wähler darf denselben Bewerber
zwei-, dreimal oder noch öfter auf seinem Stimmzettel nennen und
ihm dadurch mehrere seiner Einzelstimmen zuweisen‘.
Allein der entschlossene und mit sich selbst klare Wählsr
wird einen einzigen der Bewerber vor allen andern gewählt zu
sehen wünschen, und diesem Willen wird erst voll zur Wirkung
verholfen, wenn der Wähler überhaupt seine sämtlichen Einzel-
stimmen auf ein und denselben Kandidaten häufen darf. Dann
gewinnt ein solches Verfahren eine veränderte Gestalt, nämlich
die einer Listenwahl mit Vorzugsbezeichnung.
Diese erlaubt dem Wähler zwar nur einer einzigen Liste seine
volle Stimmkraft zuzuwenden; aber er darf von den Bewerbern
der Liste einen durch Unterstreichung hervorheben. Hieran
knüpft sich bei der Zuteilung der Sitze, welche auf eine Liste ge-
fallen sind, die Folge, daß von den Bewerbern der Liste zuerst
diejenigen für gewählt erklärt werden, welche soviel Vorzugs-
stimmen erreichen, als die Wahlzahl beträgt. Um unter keinen
Umständen eine Ungültigkeit der Stimme eintreten zu lassen,
wenn die Vorzugsbezeichnung unterblieben ist, sowie auch, weil
Wähler, welche mit der Reihenfolge der Kandidaten, wie sie auf
der Liste aufgeführt sind, sich völlig einverstanden fühlen, gerade-
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5 So außer schweizerischen Kantonen auch die Wahlgesetze von Würt-
temberg und Hamburg, beide von 1906.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVIII. 24. 15