Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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geschichtliche Bedeutung des Polizeigedankens darin zu finden, 
daß er mit dem modernen Staatsgedanken die Grundlage des 
öffentlichen Wohles gegenüber den zahlreichen subjektiven Rech- 
ten, Freiheiten und Privilegien gemeinsam hat. Hieraus erschließt 
sich das Verständnis für die Ausdehnung des Umfanges und die 
wachsende Eindringlichkeit der polizeilichen Betätigung, die den 
Staat zum Polizeistaat machen. Den Inhalt des Polizeigedankens 
des 18. Jahrhunderts sieht W. nicht in der „allgemeinen Wohl- 
fahrt“, sondern in einem Gewebe staatstheoretischer Ideen, die 
nicht auf eine einheitliche Formel gebracht werden können und 
die nicht aus der Literaturgeschichte des Polizeibegriffs zu ent- 
nehmen sind, sondern das wirkliche Staatsleben beherrschen. Es 
sind Ideen, die sich aus der staatlichen Tätigkeit zur herrschaft- 
lichen Wahrung der Ordnung herausgearbeitet haben und sie be- 
einflussen. Es müßte m. E. versucht werden, sie in die Klarheit 
bewußter Anschauung zu erheben. Verfasser gibt uns lieber Bei- 
spiele, aus denen wir die Betätigung jener im Leben des Polizei- 
staates wirkenden Gedanken kennen lernen sollen. Sie beziehen 
sich auf die polizeilichen Prinzipien der Sorge für Leib und Le- 
ben, Sinn und Ziel der Sittenpolizei. In jener Beziehung ist die 
Lebensmittelpolizei (den Regelungen in Deutschland während des 
Weltkrieges äußerlich sehr ähnlich), aber nicht nur diese, Ergeb- 
nis des Merkantilismus, des Gedankens, daß autoritäre Leitung 
der Volkswirtschaft notwendig sei, aber auch der rein politischen 
Idee, daß das Gedeihen des Staatslebens überhaupt durch die mög- 
lichste Sicherung der Autorität der Regierung und daher Gleich- 
mäßigkeit der Subordination der Untertanen bedingt werde. Nicht 
die Wohlfahrt zu fördern war Hauptziel der polizeilichen Gewalt- 
übung, sondern die objektive Wahrung der Staatsordnung (S. 19, 
24, 31). Das polizeiliche System stuft aber auch die Untertanen 
zwecks „guter Ordnung“ ab, mit der Absicht, unter dem Deck- 
mantel der Vorschriften zum Schutze „guter Sitte“ rein wirt- 
schaftspolizeiliche Maßnahmen durchzuführen, die Gesellschafts-
	        
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