Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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ordnung dem staatlich-fürstlichen Souveränitätsinteresse dıenstbar 
zu machen. Mit Eindringlichkeit macht Verfasser auf die „Un- 
wahrheit des äußeren Auftretens des polizeistaatlichen Polizeige- 
dankens“, aber auch auf die politische Tendenz der polizeilichen 
Anordnungen aufmerksam. Es geht dem ancien regime haupt- 
sächlich um die Autorität und Souveränität des Herrschers 
und des in ihm symbolisch verkörperten Staates. Damit war 
eine Gleichheitstendenz verbunden, die die ständischen Gewalten 
untergraben, dem Grundsatz des öffentlichen Wohles, aber auch 
der Idee der einheitlichen Staatsgewalt Vorschub leisten mußte. 
In der Sitten- und Religionspolizei zeigt sich, vielleicht noch 
mehr als in den wirtschaftspolizeilichen Maßnahmen, „die eigene 
Existenz des Prinzips des staatlichen und fürstlichen Autoritäts- 
interesses“, das in der berüchtigten Gesinnungspolizei gipfelt. 
Die Polizei dient auch nur scheinbar der bürgerlichen Zucht und 
der Kirche, sucht sich vielmehr in Wirklichkeit deren Autorität 
psychologisch dienstbar zu machen. Der Realismus des Polizei- 
gedankens entartet ın Skeptizismus, Frivolität und Unwahrheit. 
Unmoralische Mittel, Geheimpolizei, Denunziantentum, Vernich- 
tung des bürgerlichen Ehrgefühls waren die Folgen, die den Ver- 
fall der Achtung vor dem Staate nach sich zogen. Hatte der 
Polizeigedanke die öffentliche Moral zerstört, so untergrub er sein 
eigenes Ansehen und den Geist der Autorität. Erst diese Ueber- 
spannung, nicht schon das polizeiliche Wirken, ließen dieses als 
lästig, ja unerträglich, besonders in dem Bürgertum des 18. Jahr- 
hunderts, empfinden. Die Tätigkeit der Polizei, Schutzgewährung 
gegenüber Verbrechen, Seuchen, Schmutz, auch gegen die Will- 
kür feudaler Gewalten wurde ursprünglich wohltätig aufgenommen. 
Die spätere Entartung des Polizeigedankens, die dies änderte, war 
mit darin beschlossen, daß der Begriff des allgemeinen Wohles 
noch unbedingt mit dem fürstlichen Souveränitätsinteresse ver- 
koppelt war. Als dies nicht mehr der Fall war, diente jener Be- 
griff natürlich der allmählichen Erweckung des Bürgersinns, der
	        
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