Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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des modernen Staates gleichkam, zur mittelalterlichen Auffassung 
einer vom staatlichen Mittelpunkte hinwegstrebenden Berechtigung 
des einzelnen hinlenken wollte. Dadurch litt der Wertgedanke 
des öffentlichen Wohles, ohne daß — infolge des „Niederhaltungs- 
prinzips“ — das freie bürgerliche Pflichtbewußtsein sich hätte 
entwickeln können. Die Maßlosigkeit der Kritik war die Folge. 
Schließlich wendet sich das grundsätzliche „Ruhebedürfnis“, vom 
Staat anerzogen, gerade gegen diese Erziehung durch die Obrig- 
keit und verlangte, durch die polizeiliche Bevormundung nicht be- 
unruhigt zu werden. Für die naturrechtlichen revolutionären 
Ideen war der Boden bereitet. Der vormärzliche Liberalismus 
war untrennbar von dem Moment spießbürgerlichen Behagens. 
Schließlich ging der Polizeigedanke an sich selbst zugrunde wie 
der des Polizeistaates. 
So lenkt der Gedanke über zur Ausbildung eines rechtsstaat- 
lichen Polizeigedankens im konstitutionellen Staate (8. 131— 202). 
Das Polizeiverwaltungsgesetz vom 11. März 1850 gab rechts- 
organisatorisch dem Grundsatz der Monarchie, der Einheitlichkeit 
der Staatsgewalt, die das feudale System verneint, feste Grund- 
lagen, deren teilweises Verlassen während der Reaktionszeit die 
Staatsautorität schädigen mußte. Die Aufgabe des unglücklicher- 
weise mit „Machtstaat* bezeichneten Staates nach 1848 war der 
Ausgleich zwischen Bürgersinn und Polizeigedanken. Die Be- 
schränkung des letzteren suchte man im Verfassungsstaate Preu- 
Gens nicht in einer Wiederbelebung von $ 10 II 17 ALR., son- 
dern in der Gewährung von „Freiheitsrechten‘. War jetzt die 
Trennung der Gewalten und Bindung der Verwaltung an das Ge- 
setz mit der Verfassung (wie Verfasser meint) gegeben, so waren 
dadurch die Schranken der letzterwähnten Gesetzesbestimmung 
ebenso geschützt wie die aus den Freiheitsrechten. Deshalb war 
der Weg über letztere ein Umweg gewesen. In der staatsrecht- 
lichen Ausgestaltung bleibt der Polizeigedanke auch gegenüber 
den Freiheitsrechten in Geltung; der Gebrauch der letzteren unter-
	        
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