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des modernen Staates gleichkam, zur mittelalterlichen Auffassung
einer vom staatlichen Mittelpunkte hinwegstrebenden Berechtigung
des einzelnen hinlenken wollte. Dadurch litt der Wertgedanke
des öffentlichen Wohles, ohne daß — infolge des „Niederhaltungs-
prinzips“ — das freie bürgerliche Pflichtbewußtsein sich hätte
entwickeln können. Die Maßlosigkeit der Kritik war die Folge.
Schließlich wendet sich das grundsätzliche „Ruhebedürfnis“, vom
Staat anerzogen, gerade gegen diese Erziehung durch die Obrig-
keit und verlangte, durch die polizeiliche Bevormundung nicht be-
unruhigt zu werden. Für die naturrechtlichen revolutionären
Ideen war der Boden bereitet. Der vormärzliche Liberalismus
war untrennbar von dem Moment spießbürgerlichen Behagens.
Schließlich ging der Polizeigedanke an sich selbst zugrunde wie
der des Polizeistaates.
So lenkt der Gedanke über zur Ausbildung eines rechtsstaat-
lichen Polizeigedankens im konstitutionellen Staate (8. 131— 202).
Das Polizeiverwaltungsgesetz vom 11. März 1850 gab rechts-
organisatorisch dem Grundsatz der Monarchie, der Einheitlichkeit
der Staatsgewalt, die das feudale System verneint, feste Grund-
lagen, deren teilweises Verlassen während der Reaktionszeit die
Staatsautorität schädigen mußte. Die Aufgabe des unglücklicher-
weise mit „Machtstaat* bezeichneten Staates nach 1848 war der
Ausgleich zwischen Bürgersinn und Polizeigedanken. Die Be-
schränkung des letzteren suchte man im Verfassungsstaate Preu-
Gens nicht in einer Wiederbelebung von $ 10 II 17 ALR., son-
dern in der Gewährung von „Freiheitsrechten‘. War jetzt die
Trennung der Gewalten und Bindung der Verwaltung an das Ge-
setz mit der Verfassung (wie Verfasser meint) gegeben, so waren
dadurch die Schranken der letzterwähnten Gesetzesbestimmung
ebenso geschützt wie die aus den Freiheitsrechten. Deshalb war
der Weg über letztere ein Umweg gewesen. In der staatsrecht-
lichen Ausgestaltung bleibt der Polizeigedanke auch gegenüber
den Freiheitsrechten in Geltung; der Gebrauch der letzteren unter-