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lich-rechtlichen Akts der Staatsgewalt®®. Hierin darf nicht be-
irren, daß das vom Staate durch Enteignung erworbene Eigentum
zivilrechtliches Eigentum ist, so daß es scheint, als sei die Ent-
eignung ein öffentlich-rechtliches Institut mit zivilrechtlicher Wir-
kung. In der Tat ist dies die herrschende Auffassung °*, die
namentlich auch die Entschädigungspflicht unter die zivilrechtlichen
Wirkungen einreiht und dem Fiskus zuweist. Die Neueren neh-
men aber das gesamte Enteignungsverfahren, einschließlich seiner
unmittelbaren Wirkungen für das öffentliche Recht in Anspruch
und behandeln die Schadloshaltung des Expropriaten als einen
Fall der öffentlich-rechtlichen Entschädigung #.
Wenn ein anderer als der Staat der Unternehmer der Ent-
eignung ist, so ist es weder tatsächlich noch rechtlich ausgeschlos-
sen, daß der Staat der zu Enteignende ist. In dieser Eigenschaft
ist er alsdann Fiskus, privatrechtliche Person, denn nur sein Pri-
vateigentum kann enteignet werden, nicht das dem Privatrechts-
verkehr entzogene öffentliche Eigentum: öffentliche Wege, Deiche,
Gewässer °®.
Die Enteignung findet nur statt für Anlagen zum allgemeinen
Besten, für ein dem öffentlichen Interesse dienendes Unternehmen.
Sind fiskalische Interessen öffentliche Interessen ? Die Frage wäre
schlechthin zu bejahen, wenn man davon ausgeht, daß Privatrecht
und öffentliches Recht gleichwertig seien, da jedes Recht dem
öffentlichen Interesse diene?”. Allein diese monistische Lehre ist
praktisch nicht fruchtbar. Die fiskalischen Interessen sind staat-
liche Interessen und insofern öffentliche Interessen. Aber nicht
jedes staatliche Interesse vermag das Recht auf Enteignung zu
begründen. Die Enteignung findet statt im Interesse der öffent-
33 LABAND, Arch. f. ziv. Prax. 52 8. 169; O. Mayer a.4.0.$ 34 N.3.
3% Eintsch. des Reichsger. v. 2. 12. 1884 (XII S. 406).
35 Q. MAYER a. a. O. II S 34 8.36 ff.
.26. 0. MAYER a. a. O. IIS. 23 f.
3” LEUTHOLD in Hirths Annalen v. 1884 8. 321 ff.; KeLsen, Arch, £.
ö. R. XXXIS. 76 fl.