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Aehnlich entfaltet sich der Staatswille in den beiden Pr o-
zessen, nur daß hier Mitwirkungsrechte der beteiligten
Untertanen eingreifen. Beim Verwaltungsrechte kom-
men außerdem hinzu die großen Lücken, mit welchem die rechts-
satzmäßige Ordnung absichtlich durchsetzt ist zu Gunsten freien
behördlichen Ermessens.
Besonders lehrreich ist hier das Staatsrecht. Auch
dieses enthält Bestimmungen, deren Durchführung in ähnlicher
Weise wie bei Privat- und Strafrecht gesichert ist durch ein
damit betrautes selbstverantwortliches Beamtentum. Es hat aber
dazwischen mit dem Staatsoberhaupt selbst zu tun:
Die Verfassung legt diesem dem Volke gegenüber gewisse Ver-
pflichtungen auf, der König, der die Verfassung erließ, legte sie
sich selbst auf, sein Nachfolger übernahm sie, nicht als Privat-
person, sondern, wie man es früher wohl ausdrückte, als Inhaber
der „Staatspersönlichkeit“?‘. Ebenso ist er bei Erfüllung solcher
Vorschriften nicht Privatmann sondern sorgt als Staatsoberhaupt
für die Korrektheit des Staatsoberhauptes. Es gibt keinen Zwang
gegen ihn, noch irgend welche andere rechtlich wirksamere
Sicherungsmaßregel, nichts als-den sittlich bindenden Verfassungs-
eid. Und doch sind jene Vorschriften Rechtssätze, vom Staate
aufgestellt und von Staatswegen wahrgenommen — das genügt.
Mit dem Völkerrecht ist es im Wesentlichen nicht
anders®. Es handelt sich um eine Ordnung zwischen selb-
ständigen Staaten, über denen kein Oberer steht. Sie müssen sie
selber tragen durch ihren rechterzeugenden Willen, jeder an
seinem Teile und soweit seine Macht reicht. Jeder bestimmt
dadurch, wie er sich selber verhalten will und zugleich ent-
sprechend voraussetzt und fordert, daß der andere sich ihm gegen-
27 Beispiele: die Pflicht, nicht außer Landes zu wohnen, die Pflicht, den
Landtag in gewisser Frist einzuberufen.
28 Diese Zusammengehörigkeit ist schon häufig hervorgehoben worden.
Vgl. JHERING, Zweck 8. 251 (oben II a. E.); JELLINEK, Allg. Staatslehre I
8. 330.