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Abhandlungen fallen nicht in den Rahmen dieser Zeitschrift — geht ZORN
in seiner kurzen Einleitung zum Werke auf die Begriffe „Annexion und
Desannexion“ ein. Der Frankfurter Friede habe das Recht der deutschen
Nation wiederhergestellt, indem er die Gewaltakte des 17. Jahrhunderts
gut machte. Der jetzt aufs neue erhobene Anspruch Frankreichs auf El-
saß-Lothringen sei daher der einer Annexion deutschen Gebietes. In dem
Schlußwort von STRupP bilden geschichtliche Tatsachen seit 1871 den Gegen-
stand überschauender Betrachtung. Beachtenswert ist seine Feststellung,
daß trotz der Revancheidee 1913 die Rückgabe Elsaß-Lothringens jedenfalls
von einem großen Teile der Bevölkerung Frankreichs nicht mehr als un-
erläßliche Bedingung für ein gedeihliches Verhältnis zu Deutschland ange-
sehen wurde. „Nur auf den Reichstrümmern wäre ein wieder französisches
Elsaß-Lothringen zu errichten.“ Dem Ziel eines selbständigen Bundesstaates
scheint Verfasser nicht entgegen zu sein. Wertvolle, das Reichsland be-
treffende Literaturangaben, die freilich auf Vollständigkeit keinen Anspruch
erheben können, machen den Schluß.
Cöln. Professor Dr. Stier-Somlo.
Kapp, W., Professor Lic. in Straßburg, Ist Elsaß-Lothringen als
autonomer Bundesstaat denkbar? Berlin1918. Verlag von
Julius Springer. 24 S. Freis —.60 M.
Die in dem Titel gestellte Frage verneint Verf. Er hebt die völkischen,
wirtschaftlichen, religiösen, sozialpolitischen Unterschiede der Elsäßer und
Lothringer hervor. Das Zusammenwachsen der beiden Gruppen ist vor dem
Kriege nicht erfolgt und die Hindernisse hierfür bleiben auch nach dem
Kriege bestehen. Die Verschmelzung der Elsaß-Lothringer mit den alt-
deutschen Eingewanderten wird auch in Zukunft sich nicht vollziehen. Die
Spannung, meist aus wirtschaftlichen, nicht nationalen Ursachen entstanden,
wird sogar schärfer werden. Das Heimatliche, Provinzielle überwiegt bei
den Elsässern und Lothringern das völkische Element. Die Länge des
Krieges arbeitet auch der Auslösung des Vaterlandsgedankens in diesem
Volkstum entgegen. Ein elsaß-lothringischer selbständiger Staatskörper
würde von innen heraus sich nicht so deutsch aufbauen wie ein anderer
Bundesstaat. Es würde auch nicht gelingen, den neuen Bundesstaat durch
Beschränkungen und Ausnahmezustände (die als Sicherungen für das Reich
gedacht wären), an Deutschland zu fesseln. Nur wenn man der Bevölke-
rung unbedingt sicher ist, zu ihr unbedingtes Vertrauen hat, bilde man den
Eigenstaat Elsaß-Lothringen. Die starke körperliche und geistige Volks-
kraft fehlt; die Elsässer wie Lothringer scheinen vielmehr ermattet und
erschöpft. Die Bevölkerungszunahme ist minimal, die Abwanderung erheb-
lich. Es fehlt ein sich gesund und einheitlich entwickelndes Bürgertum
als Grundlage für den Eigenstaat. Vermißt wird auch ein eindringlicher
Wille, ein naturhaft elementarer Drang des Volkes, ein eigenes selbstän-