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den Staat als eine objektive Einheit und auch als selbständiges Subjekt.
Das Reich selbst ist ihm Subjekt der Staatsgewalt, die der König im Namen
Gottes ausübt. Aber der König ist zwar für seine Person unverletzlich,
jedoch absetzbar, dem Banne ausgesetzt, verantwortlich und nicht absoluter
Herrscher. Immer klarer arbeitet Verf. das Streben des Spieglers heraus:
Stärkung der Reichseinheit, des deutschen Königtums gegen die empor-
kommenden Landesherren. Endlich das Volk. Wenn es auch der mittel-
alterliche Lehnsstaat in eine Summe von ständischen Gruppen und ferner
jede Klasse in die dem Herrscher unmittelbar oder nur mittelbar unter-
worfenen Personen auflöst, so ist es doch von größtem Reiz, daß auch hier
der Verf. in der Vielheit der Erscheinungen dem einheitlichen Gedanken
Eikes nachgeht, um die Elemente (Urteilsfindung, Gerichtsfolge, Wider-
standsrecht usw.) herauszufinden, die die Summe der Volksgruppen zu einer
Einheit zusammenschließt. In seinem Staate gibt es nicht nur eine Be-
völkerung, sondern es gibt ein Volk. Der mittelalterliche Staat als der
Staat größter sich widersprechender und bekämpfender Gegensätze wird
nirgends deutlicher als bei Eike von R.; bei einer Klarmachung durch den
Verf. erkennt man, daß die Haupttendenz des Spieglers die Ueberwindung
eben dieser Gegensätze ist.
Die hier nur in den äußersten Umrissen angedeuteten Gedankengänge
FEHRs erinnern an die besten Zeiten deutscher Forschung, in denen die
rechtsdogmatische Behandlung des öffentlichen Rechts von der rechtsge-
schichtlichen nicht, wie das heute leider allzu häufig geschieht, in grund-
sätzlicher Weise getrennt worden ist. Es ist hocherfreulich, daß einmal
der Sachsenspiegel auf seine staatsrechtliche Seite hin untersucht ist, wäh-
rend man glaubte, er gäbe nur Auskunft über Privatrecht und höchstens
Gerichtsverfassung.
Cöln. Professor Dr. Stier-Somlo.
Wieruszowski, A., Geheimer Justizrat, Oberlandesgerichtsrat in Cöln, Das
Vergeltungsrechtder deutschen Kriegswirtschaft
mit besonderer Berücksichtigung des Bankver-
kehrs. Cöln 1918. Als Handschrift gedruckt. 28 8.
Wir haben in der dankenswerten Schrift des Verf. den ersten Versuch
vor uns, das Vergeltungsrecht der deutschen Kriegswirtschaft unter sy-
stematische Gesichtspunkte, in die bis zur Verwirrung vielgestaltige Fülle
von Rechtsbestimmungen durchsichtige Klarheit zu bringen. Die europäisch-
kontinentale Auffassung, daß der Krieg ein Zwangsverfahren nicht zwischen
den Völkern, sondern nur zwischen den Staaten bedeutet, hat auf die Be-
handlung der wirtschaftlichen Beziehungen aufgefärbt und schließlich in
Art. 23) des Haager Abkommens über die Gesetze und Gebräuche des
Landkrieges Ausdruck gefunden. Hier werden bekanntlich die Aufhebung
oder zeitweilige Außerkraftsetzung der Rechte und Forderungen von An-