Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Wolzendorff, Dr. Kurt, ao. Professor der Rechte an der Universität Königs- 
berg, Der Polizeigedanke des modernen Staates. 
(35. Heft der Abhandlungen aus dem Staats- und Verwaltungsrecht 
mit Einschluß des Kolonialrechtes und des Völkerrechts, herausgegeben 
von Brie, Fleischmann und Giese) Breslau 1918, M. und H. Marcus. 
277 8. Preis 10 Mk. 
Verfasser hat sich mit dem Polizeirecht schon seit Jahren beschäftigt. Auf 
seine einschlägigen Arbeiten nimmt erin dem vorliegenden Werke, das auf der 
Unterlage jener besser verstanden werden kann, häufig Bezug, stellt auch einen 
erheblichen Teil davon in dankenswerterWeise zusammen, findet in schönem Frei- 
mut gelegentlich scharfeKritik gegenüber seinen eigenenälteren Untersuchungen. 
Sie bilden alle Vorarbeiten für den Versuch, die Entwicklungsgeschiohte des 
Polizeigedankens, die Geschichte der Polizei als politischer Institution zum 
Gegenstande der Darstellung zu machen. Es entstehen eindrucksvolle Gesamt- 
bilder vom Polizeistaat und seinen Regierungsprinzipien, nicht minder von 
denen der Aufklärung und der Restauration. Verfasser deckt mit feinem 
Gefühl für Unwägbarkeiten die letzten Beweggründe jener staatlichen Maximen 
auf, zeigt, was unter den nach außen hin formulierten Staatszwecken, insbe- 
sondere dem der allgemeinen Wohlfahrt, steckte und unternimmt den Nach- 
weis, daß die polizeiliche Tätigkeit oft genug die Stufenleiter von Realismus 
zu Skeptizismus und von diesem zur Frivolität durchlaufen hatte. Geschickt 
wird nachgewiesen, daß zwischen dem reinen Polizeistaat und dem der Auf- 
klärung in der Praxis kein wesentlicher Unterschied bestand, daß weder die 
wirtschaftliche noch geistige Bevormundung aufgehört hat. In theoretischer 
Beziehung bahnt sich aber die den Eudämonismus bewußt ausschaltende 
polizeiliche Auffassung des preuß. Allgemeinen Landrechts an. Die Restau- 
rationszeit, die auf die wohlerworbenen Rechte und auf den Schutz des über- 
lieferten Besitzstandes das Hauptgewicht legt, hat doch mit den beiden vorher- 
gehenden Epochen die Herrschaft des polizeistaatlichen Gedankens gemein. 
Sorgsam werden die Wege verfolgt, auf denen sich die Ausbildung eines staats- 
rechtlichen Polizeigedankens im konstitutionellen Staate bewegt und die Ent- 
wicklungselemente des heutigen allgemeinen Polizeigedankens aufgesucht. 
W. stellt dem autoritären selbstzwecklichen Staats- und Fürsteninteresse die 
Genossenschaftsidee gegenüber, hofft in einem Ausgleich dieser beiden den 
neuen modernen Polizeigedanken erstehen zu sehen. Die schon in der Auf- 
klärungszeit wirkende Persönlichkeitsidee wird dabei mit in Anschlag gebracht, 
ohne jedoch zu einem organischen Bestandteil der Konstruktion verschmolzen 
zu werden. Den Jnhalt des Polizeigedankens zu formulieren, hält den Verfasser 
die von ihm befürchtete Gefahr rationalistischer Umgrenzung der stets wech- 
selndenhistorisch-politischen und sozialen Strömungen ab. Infolgedessen bleibt 
dann freilich nur ein höchst unsicheres Bild übrig, das für seine Verwendung im 
Verwaltungsr e ch t wenig Aussicht bietet. W. will aber, daß die auf dem Boden 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVIIL. 2/4. 27
	        
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