Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

— 4119 — 
der allgemeinen Verwaltungslehre durch sozialwissenschaftliche Betrach- 
tungsweise gewonnenen Ergebnisse nicht nurneben der juristischen Kennt- 
nis des Rechtslebens der Verwaltung, sondern auch gerade für diese von er- 
gänzender Bedeutung sein sollen. Das zu erweisen veımag er m. E. nicht. 
Dagegen ist es dem Verf. gelungen, den Polizeigedanken jener Zeiten von einer 
bisher noch wenig betrachteten Seite zu beleuchten und wertvolle Bausteine zu 
liefern für die auch von mir im Archiv für öffentliches Recht (Bd. 29 8. 496 £.) 
und zuletzt noch im Verwaltungsarchiv (Bd. 25 S. 89—142) geforderte Allge- 
meine Verwaltungslehre !. 
Cöln. Professor Dr. Stier-Somlo. 
Heinrich Lammasch, Das Völkerrechtnach dem Kriege. Publi- 
cations de l’institut Nobel norvegien t. Ill. Kristiania MCMXVII, 
H. Aschehong & Co. (W. Nygaard). Kommissionsverlag Duncker & 
Humblot, München und Leipzig. 218 S., 10.— M. 
Der Verfasser schickt seinen Erörterungen als Wahlspruch die Stelle 
aus Schillers Jungfrau von Orleans voraus: 
Tag wird es auf die dickste Nacht und kommt 
die Zeit, so reifen auch die spätsten Früchte. 
Es sind die Worte, mit welchen König Karl den gelungenen Se- 
paratfrieden mit Burgund begrüßt. Gemeint ist aber nur, daß das Völker- 
recht, welches in den ersten Monaten des Krieges schon für völlig zer- 
trümmert galt, jetzt mehr und mehr wieder Vertrauen findet und im zu 
erwartenden Frieden einer kräftigen Entwicklung entgegengeht. Dem 
entsprechend wird hier zunächst „die Verzweiflung am Völker- 
recht“ bekämpft. Dieser wohlmeinenden Tätigkeit pflegten sich unsere 
Lehrbücher schon immer mit ganz besonderem Eifer hinzugeben. Auch die 
Gründe, mit welchen dabei gearbeitet wird, haben so ziemlich ihre fest- 
stehende Gestalt gefunden. Der Verfasser bringt hier nichts wesentlich 
Neues an eignen Ideen herbei. Wenn das Völkerrecht den Vergleich mit 
anderen gesicherteren Rechtsgebieten nicht auszuhalten scheint, so tröstet er 
sich in der üblichen Weise: Es sei noch so jung, ein „spätgeborenes Kind 
der Zivilisation“, man kann nicht so viel von ibm verlangen (S. 63); es 
handelt sich eben um eine Rückständigkeit dieses Rechts oder auch, wie 
man es schon bezeichnet hat, um „ein werdendes Recht“, ein „droit en 
voie te formation“ (S. 75). Vielleicht würde da die Frage gestattet sein: 
Ist ein erst werdendes Recht ein Recht? 
Etwas ausführlicher wird der völkerrechtliche Vertrag ke- 
handelt. Die „Gründe der Vertragstreue“ werden dargelegt (3. 92 ff.), die 
„Einschränkungen der Pflicht zur Vertragstreue“ gewürdigt (S. 130 ff.). Der 
Verfasser steht hier auf dem strengeren Standpunkte; namentlich die Lehre 
t Vgl. auch den Aufsatz des Referenten in diesem Bande.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.