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auseinandersetzen muß, mag er irgend welchem Lager angehören. Ich möchte
sagen: Dieses Werk ist eines der ersten geschichtlichen Bücher
über den Weltkrieg. In der Tat, die meisten Flugschriften der Kriegsliteratur
haben ein Werturteil a priori. Sie haben einen Glaubenssatz, und suchen
nach Tatsachen und Beweisgründen, um ihn zu stützen. SCHÜCKING plädiert
nicht, sondern er studiert. Er fragt: Was ist geschehen und was kann man
daraus lernen ? Seine Methode ist empirisch. Er ist objektiv und das ist nicht
jedem gegeben. Freilich, auch er hat einen Glauben, aber den einzigen, der
in der Geschichtsschreibung erlaubt ist: Den Glauben an einen Fortschritt
der Menschheit.
Redslob.
Dr. Jacob Ter Meulen. Der Gedanke der internationalen
Organisation in seiner Entwicklung. 1300-1800.
Haag. Martinus Nijhoff. 1917. 397 8.
Die Arbeit schildert die Entwicklung, die der Gedanke einer inter-
nationalen Organisation von 1300 bis 1800 durchlaufen hat.
In einem ersten Abschnitt werden die wirkenden Kräfte beschrieben,
welche diesen Gedanken ins Leben gerufen und beeinflußt haben. Da wird
gezeigt, wie das Mittelalter den Gedanken begünstigte, indem es die Menschheit
als eine Gemeinschaft, als ein Corpus mysticum unter dem Regiment von
Kaiser und Papst und in letzter Linie unter dem Regiment Gottes begriff.
Da wird weiter hingewiesen auf die wachsende Solidarität der Nationen in
der Zeit der Renaissance und auf die sich daran schließende Entfaltung des
Völkerrechts. Der Zusammenschluß der christlichen Länder gegen die Tür-
kengefahr ist ein anderes Band, das die internationale Organisation vorbereitet.
Auch das Naturrecht und die Lehre vom politischen Gleichgewicht bringen
manch wertvolle Förderung. Die Staatenverbindungen endlich, wie die Repu-
blik der Niederlande und das Deutsche Reich, geben ein Vorbild dafür, wie
Staaten ihren Frieden durch eine gemeinsame Verfassung sichern können,
ohne auf ihre Selbständigkeit zu verzichten und in einem einheitlichen Körper
unterzugehen.
Der zweite Abschnitt enthält eine Beschreibung der einzInen Organisa-
tionsentwürfe in chronologischer Folge von PIERRE Dusoıs bis zu KANnT.
Nicht behandelt ist also das 19. Jahrhundert und auch nicht die in der Frage
des internationalen Verbandes so gedankenreiche französische Revolution, die
der Verfasser wohl organisch in die Aera des 19. Jahrhunderts rechnet. Hier
gebührt nun der Arbeit eine besondere Anerkennung, weil sie weniger bekannte
Systeme ans Licht gezogen hat, wie z. B. die Theorien von ERASMUS und
Leo X., von RACHEL, JOHN BELLERS, LOEN, SAINTARD, ANGE GOUDAR,
JOHANN FRANZ VON PALTHEN, DE LA HARPE, GAILLARD, LILIENFELD,
den Entwurf für eine Heilige Allianz aus dem Jahre 1782, die Ideen von GÜRN-