Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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wissenschaftlichen Tätigkeit bilde. Weit gefehlt! Sehen soll die Wissen- 
schaft! Es ist daher nach Ansicht des Autors jedenfalls ein sprachlicher Miß- 
griff, wenn man die Vertreter der Wissenschaft „Denker“ nennt. ‚‚Seher“ 
sind es oder sollten es wenigstens sein; sind sie es aber, dann bedeutet der 
Ausdruck ‚‚Denker‘‘ eigentlich einen lucus a non lucendo. Besonders auf das 
„logische Denken‘ hat es der Verfasser abgesehen. Wozu das logische Denken 
für einen „Seher“ ? ‚‚Das logische Denken ist ein Denken der Faulen, ein Den- 
ken derer, die nicht denken wollen“ (S. 2). Für den Seher ist „das Fühlen 
sein Erkennen des Dinges“ (S. 2). Aus diesem Zitat ersieht man, daß der 
Verfasser unter ‚‚Sehen‘“ nicht nur das eigentlis:he Sehen sondern auch das 
Fühlen versteht. Dieses Fühlen ist aber gleichzeitig auch das „Erkennen“. 
Warum denkt der Denker bzw. der Seher? Nur zu zwei Zwecken: dem der 
Ernährung und der Fortpflanzung (S. 2). Dabei läßt der Autor die Frage 
offen, welchem von den beiden einzig möglichen Zwecken seine eigene Arbeit, 
der das Werk entsprang, eigentlich diente. — Scharf geht der Autor den 
„metaphysischen Dingen und Begriffen‘ an den Leib, wobei er, da 
er e3 eigentlich auf das „Metaphysische‘‘ abgesehen hat, nicht scharf zwischen 
Ding und Begriff unterscheidet. Jedoch scheint ihm das Ding sympathischer 
zu sein als der Begriff, vermutlich weil man es ‚sehen‘ kann, und deshalb 
scheint er im Titel seines Buches nur eine Beschreibung der Rechtsdinge 
und keinesfalls der Rechtsbegriffe in Aussicht zu stellen. Nur ein solches 
ordentliches, seh- und greifbares Ding ist ein würdiges Objekt der Wissen- 
schaft. Das ‚metaphysische Ding ist ein Gemenge von sinnlich Begreifbarem, 
das die Furcht unbegreiflich macht“ (S. 5). Die Begriffe dagegen sind eigent- 
lich samt und sonders metaphysisch und däher (was für den Autor ein Syno- 
nymon bedeutet) „Hirngespinste‘‘. Denn man kann sie ja weder sehen, noch 
greifen, noch sonst ‚‚fühlen‘‘, abgesehen davon, daß sie weder zur Ernährung 
noch zur Fortpflanzung dienen, daher überhaupt keinen Grund zum Denken 
abgeben können. Auf S. 7 und 8 zerstört der Verfasser in einigen lapidaren 
Sätzen einen tausendjährigen Wahn der Meuschheit, nämlich den Glauben 
an die absolute Richtigkeit der logischen Operation: ‚Alle Menschen sind 
sterblich, Gaius ist ein Mensch, daher ist Gaius sterblich“. Verfasser erklärt, 
daß es sich hier nur um eine Wahrscheinlichkeit handelt, daß Gaius sterben 
wird. Dagegen kann der Satz „Gestern hat es in Wien geregnet‘‘ eine abso- 
lute Wahrheit sein (8. 8). — Auf Seite 17 findet sich der lapidare Satz: „Durch 
Danken kann keine neue Erkenntnis gewonnen werden“. Auch die Physik 
wird vom Verfasser belehrt. Was findet die Physik ? ‚‚Sie findet, daß alles 
aus dem Nichts entsteht und entstanden ist“! Dem- 
gegenüber kann der Referent als Laie in Sachen der Physik nur so viel be- 
merken, daß es also auch ein Wahn war, diejenigen Menschen, welche das 
a priori uns bewußte Kausalitätsgesetz (wonach jede Wirkung eine Ursache 
haben muß, daher nie aus Nichts ein Etwas werden kann) leugnen, für be- 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVIII. 2%. 31
	        
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