Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Ist das möglich? Am Ende doch. 
Der Staat hat kein Jenseits. Es käme also nur eine zeit- 
liche Vergeltung in Betracht, die an ihm geübt würde. Freilich 
stehen wir vor der Tatsache, daß die Erfahrung keineswegs einen 
solchen allgemeinen Zusammenhang lehrt zwischen schlechtem 
Verhalten und späterem Mißgeschick °®. Es käme vielmehr dar- 
auf an, daß nach der besonderen Art des begangenen Unrechts 
in diesem selbst ein Keim des Unheils liegt für den, in dessen 
Dienst es sich gestellt hatte. 
Ist das nicht ganz offenbar hier der Fall? Daß ein Staat 
durch das Unrecht, das er in seinen Beziehungen nach außen 
begeht, sich unbeliebt macht und Mißtrauen bei den anderen erregt, 
wäre so hoch nicht zu achten: das besorgen ihm die feindlichen 
Druckereien und Redereien auch ohnedies, er mag tun, was er 
will. Wohl aber bedarf er, auf der Entwicklungsstufe wenigstens, 
auf der unsere bedeutenderen Staaten alle stehen, unbedingt der 
lebendigsten Gerechtigkeit zur Ueberbrückung und Ungefährlich- 
machung all der feindseligen Massengegensätze, die innerhalb 
seiner eigenen Ordnung und seines Volkes bestehen‘. Der Ge- 
genstand der Gerechtigkeit ist hier ein anderer als beim Völker- 
recht, ihr Wesen das gleiche, und der Geist, der sie trägt, über- 
Lebens knüpfen. Das treflliche Büchlein: „Ob ein Kriegsmann auch in seli- 
gem Stande sein könne“, löst sie für uns nicht. Die Kirche tut wohl dar- 
an, hier der menschlichen Schwachheit Raum zu geben. Sie hält in die- 
sem Kriege überall zu ihrem Volke. Wenn ein einzelner auf eigne Faust 
es übernimmt, im Namen der absoluten Gerechtigkeit öffentliche Urteile 
über das Geschehende abzugeben, so bedarf er schon eines starken inneren 
Haltes, um nicht der Gefahr zu unterliegen, daß er, um sich für solches 
Amt zu legitimieren, gegen sein eigenes Volk parteiisch wird, wofür er 
dann beim Feinde Lobsprüche bezieht und innerliche Verachtung. 
5° RÜMELIN, Reden und Aufsätze S. 183, erinnert hier: „Das Gesetz 
der Vergeltung (ewige Gerechtigkeit) beherrscht nicht den Weltlauf.* Dar- 
über hat aber bekanntlich schon Hiob sich schwere Gedanken gemacht, 
ohne zu dem, von dem frommen Menschen — menschlicherweise! — er- 
sehnten Ergebnisse zu gelangen. 
° Vgl. oben IV a. E. 
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