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schaft, die nicht nur an westlichen Vorbildern orientiert ist, dürfte wohl
manches an der Auffassung des Verfassers auszusetzen finden. Aber überall
lernt man bei ihm neue Gesichtspunkte würdigen und hat Anlaß, seine Ge-
wandtheit zu schätzen, aus dem überquellenden Reichtum des geschicht-
lichen Stoffes und des ausgiebig herangezogenen und benutzten Schrifttums
zu scharf pointierten Feststellungen zu gelangen, die das gewonnene poli-
tische Bild anschaulich umreißen. Neben den neuen Arbeiten von PıLoTy
und HÜBNER wird auch das von REDSLOB einen achtenswerten Platz bean-
spruchen dürfen.
Cöln Professor Dr. Stier-Somlo.,
Hübner, Rudolf, o. ö. Professor der Rechte an der Universität Halle, Die
parlamentarische Regierungsweise Englandsin
Vergangenheit und Gegenwart. Tübingen, Verlag von
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1918. 38 S. — Preis Mk. 1.20.
Ein allgemein verständlicher Vortrag, der nur Forschungsergebnisse der
Literatur darbieten will. Englands Verfassungsgeschichte und Englands ge-
genwärtiger Verfassungszustand werden von dem einzig möglichen Stand-
punkt aus betrachtet, daß es gilt, aus dem Beispiele des Auslandes zu lernen,
ohne es dort zu befolgen, wo es der Natur des deutschen Staatswesens entgegen
ist. Verf. schildert, wie aus der Lehensversammlung der anglonormannischen
Zeit, unter dem Zwang der .Geldnot der Krone, sich seit dem 13. Jahrhundert
die moderne Repräsentativverfassung entwickelte, ohne daß eine Stände-
versammlung in der Zerteilung in Klerus, Adel und Bürgerstand emporge-
kommon wäre, sondern eine lediglich in zwei Gruppen sich gliedernde Vertre-
tung des Volkes, Freilich waren die einzelnen Staatsangehörigen bis zu den
Reformgesetzen des 19, Jahrhunderts nur in ihrer Eigenschaft als Mitglieder
der Kommunalverbände repräsentiert. Verf. zeigt, wie der Staatsrat,
die Fortsetzung des alten concilium ordinarium, das selbst ein Ausschuß des
concilium magnum gewesen war, sich zum Geheimen Staatsrat, später Privy
Council genannt, sich verengerte, die konstitutionelle Monarchie geschaffen
wurde. Die absolute Monarchie der Tudors führte zur parlamentarischen
Regierung und zuletzt zur Kabinettsregierung. Das Parlament wird recht-
licher und politischer Träger der Souveränität, setzt seine Allmacht in der
Gesetzgebung und der Geldbewilligung durch. Die Macht verschiebt sich vom
Oberhaus ins Unterhaus. Das Parlament ist auch die Spitze der gesamten
inneren Verwaltung des Landes, stellt sich als die Krönung der Selbstver-
waltung über den unteren Verwaltungsstellen dar. Auch das zahlenmäßig
immer stärker werdende Berufsbeamtentum verdankt seine Ernennung der
vom Parlament abhängigen Regierung. Aus dem Geheimen Rat entsteht das
Kabinett als die tatsächliche höchste Stelle der Staatsregierung. Nach Wil-
helm III wurden die Führer der jeweiligen Mehrheit des Parlaments die Rat-
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