Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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von allen dieser Schäden purgiert das Zweiparteiensystem. Aber 
vor allem, und das ist eine ernste Kulturfrage: wir wissen, weil 
wir es an unseren eigenen Parteien schmerzlich entbehren, 
welch heilsame Zucht für dieAutoritätspartei 
in der Oppositionsstellung, und für die Re- 
form- oder Fortschritt- oder meinetwegen 
auch Umsturz-Partei im Regieren liegt. 
Das haben wir hier und da durch einen Zufall, in einer ganz 
kleinen Dosis. Aber jeder Staat brauchte es so, wie es England 
hat, im Zweiparteiensystem hat: als Regierungsfähigkeit jeder 
Partei, der Linken wie der Rechten, als ein Offenstehen der 
höchsten Staatsstellen für den, der sich in der freien Betätigung 
seiner Ueberzeugung als der Fähigste gezeigt hat. Alle anderen 
Schäden der Parteienmehrzahl kommen doch auch drüben unter 
dem Zweiparteiensystem auf; was bei uns die kleineren Parteien, 
das sind in England die selbständigen Gruppen innerhalb der großen 
Partei,und bei knapper Mehrheitsogar einzelne unabhängige Abgeord- 
nete; auch in England gibt es Wahlen mit drei oder mehr Kan- 
didaten und Klagen über die Fälschung des Wahlergebnisses 
durch Zersplitterung. Aber das bleibt: die Möglichkeiten, zur 
Herrschaft zu gelangen, sind für die Linksradikalen ebenso groß 
und immer gegenwärtig wie die Möglichkeiten. rücksichtslosester 
Opposition für die Autoritäts-Konservativen, und jeder geht gestärkt 
und geläutert aus seiner Erfahrung hervor: der Konservative 
durch die Notwendigkeit, sich als Gegner der Exekutive, als 
Gegenstand staatlichen Zwangs und vielleicht harter Bedrückung 
zu fühlen, der Radikale durch den Zwang, das vorher Kritisierte 
besser zu machen, Ideale nicht nur im Wort, sondern auch im täg- 
lichen Tun zu verfechten. 
Wir Juristen haben in den letzten Jahren in Deutschland 
viel von dem Gegensatz zwischen der englischen und der deutschen 
Gerichtsverfassung gehört. Da haben wir Aehnliches drüben mit 
gleich guter Wirkung gefunden: Der englische Richter ist Anwalt
	        
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