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die Stelle: „Ein gesetzmäßig festgelegtes Universitätsrecht besteht
(in Preußen) nicht. Die-Universität Greifswald hatte seine Schaffung
vor kurzem beim Landtage beantragt und sogar Statutenände-
rungen an gesetzgeberische Akte binden wollen. Es war das eine
jener akademischen Unbegreiflichkeiten. die ungewollt auf Büro-
kratisierung der Universitäten abzielen.“ Die praktische Tendenz
dieser Anschauung ist: die Universität als Ganzes und der einzelne
Dozent als ihr Glied soll nach wie vor dem Wohlwollen und dem
Verwaltungs-„Ermessen“ des Ministeriums unterstehen. Die Uni-
versitätsstatuten, die das Ministerium schon in der letzten Zeit
vor dem Weltkrieg als interne, schlechthin dem Gebiet der Ver-
waltung angehörige „ Anstaltsordnungen “ im ANSCHÜTZschen Sinne!
zu behandeln anfing, sollen weiter allein nach dem Gutbefinden
des Ministeriums ihren Bestand besitzen, jeder rechtliche Austrag
einer abweichenden Rechtsansicht soll von Grund auf abgeschnitten
sein.
Es ist richtig, daß Rektor und Senat der Universität Greifs-
wald Anfang 1918, noch zur Zeit des Ministeriums v. Trott zu
Solz, bei beiden Häusern des Landtags um den Erlaß eines Uni-
versitätsgesetzes petitionierten, nach welchem in Zukunft Aende-
rungen der Universitätsstatuten nur durch förmliches Gesetz er-
folgen sollten und rechtliche Zuständigkeitsstreitigkeiten der Uni-
versitäten (Fakultäten, Professoren) mit dem Ministerium durch
Richterspruch des Berliner Oberverwaltungsgerichts in erster und
letzter Instanz zu erledigen waren. Es kennzeichnet den Nicht-
juristen BECKER, daß er über den Vorgang nur in der erwähnten
schiefen Weise zu berichten vermag. Tatsächlich war die Peti-
tion der Universität Greifswald aus der Not geboren. Gerade
während des Weltkriegs. wo sich selbstverständlich die unmittel-
bare Rechtshilfe an des Königs Majestät verbot, erfolgten von
1 Gesetzgebende Gewalt 1901 S. 72. Gegen AnscHÜUTz, HUBRIOH,
Greifswalder Universitätsrecht 1917, S. 48—65; Der Legalcharakter der
preußischen Universitätsstatuten 1919.