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Die Uebertragung dieses Verordnungsrechtes von.dem
Demobilmachungsamt bzw. Demobilmachungsministeriun auf andere
Stellen kann nach den Grundsätzen des Verfassungs-
und Rechtsstaates, die seit dem Gesetz über die vorläufige
Reichsgewalt vom 10. Februar 1919 und dem Uebergangsgesetz
vom 4. März 1919 für das Reich wieder als maßgebend anzusehen
sind, nur durch ein Gesetz oder durch Verordnung
einer Stelle gesehehen, der ein dazu genügendes
Verordnungsrecht gültig übertragen ist. Denn die
Weiterübertragung eines Verordnungsrechtes bedeutet die Schaffung
eines neuen Rechts zur Aufstellung von Rechtssätzen und zu Ein-
griffen in die Freiheitssphäre.
In unserem Falle ist die Form eines Gesetzes nicht gewählt
worden, sondern ein Erlaß des Reichspräsidenten ist es, der das
Verordnungsrecht des Demobilmachungsministeriums auf die üb-
rigen Reichsministerien überträgt. Dazu steht aber dem Reichs-
präsidenten kein genügendes Verordnungsrecht zur Seite. Der
Rteichspräsident ist als Spitze der Reichsverwaltung wohl der be-
rufene Träger der Organisationgewalt und damit berechtigt, die
Auflösung eines Ministeriums, wie in dem Erlaß vom 26. April
1919 geschehen, auszusprechen und an seiner Stelle neue Behörden
zu gründen oder die Geschäfte der aufgelösten Instanz anderen
Verwaltungsstellen zu übertragen. Das bezieht sich aber nur auf
die Uebertragung von Verwaltungsgeschäften. Verordnungsrechte,
die die aufgehobene Behörde besessen hat, kann der Reichspräsident
als Chef der Reichsverwaltung ohne besondere gesetzliche Grund-
lage nicht weitergeben.
Man darf sich auch nicht darauf berufen, daß das Verord-
nungsrecht gelegentlich der Errichtung des Demobilmachungsamtes
von Rate der Volksbeauftragten, also in gewissem Sinne vom
Vorgänger des Reichspräsidenten, geschaffen worden sei. Das ist
in der Zeit der ersten Revolution geschehen, als der Rat der
Volksbeauftragten noch in absolutistischer Weise die gesamte
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