Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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seine Untersuchung, die bekanntlich zu einem „Deutschen Reichsstaats- 
recht sub specie der Reichsaufsicht“ ausgewachsen war, dem damaligen 
Reichsstaatsrecht allerdings, soweit die positivrechtlichen Grundlagen in 
Betracht kommen, also de lege lata durch die Ereignisse z. T. überholt 
scheint! 
Wie sich aber jetzt am stillen, jedoch intensiven Einflusse des Buches 
nachweisen läßt, war gerade das Positivrechtliche nicht die Hauptsache 
von TRIEPELs Untersuchung und konnte es gar nicht sein, da die Behand- 
lung der Reichsaufsicht in der Bismarckschen Verfassung schon quantitativ 
und qualitativ viel zu wenig befriedigend war, um ein Lebenswerk von so 
beträchtlichem Umfange zu alimentieren. Daß die Vitalität des Buches 
der staatsrechtlichen und politischen Sintflut entgangen ist, hat es 
methodisch dem zielbewußten rationellen Bruch mit der sog. „Konstruktions- 
jJurisprudenz“, die hier zum größten Teile versagen mußte, zu danken, in- 
haltlich der kritischen Problemeinstellung de lege ferenda, die sich an 
Hand von Erfahrungsschätzen Konflikten und Konfliktsmöglichkeiten zu- 
wendet, die auch unter veränderten Verhältnissen wiederkehren müssen 
oder wiederkehren können. Nicht zuletzt ging auch die Klassifizierung der 
verschiedenen Arten von Aufsicht, für die erst eine mehr oder weniger 
ansprechende Nomenklatur geschaffen werden mußte, über den zufälligen 
engeren Rahmen der alten Reichsverfassung hinaus. 
TRIEPELs Einwirkung läßt sich schon und gerade am äußeren Erfolge 
der von ihm vorgeschlagenen Terminologie verfolgen, die sich in der Vor- 
bereitung der neuen Reichsverfassung spiegelt und in der Glosse der ver- 
schiedenen gangbarsten Kommentare von ANnscHÜTZ, GIESE, von POETSCH 
und anderen ihre Fortsetzung findet. Es haben sich in dieser Hinsicht 
auch Ausdrücke durchgesetzt, welche auf den ersten Blick nicht ganz ein- 
leuchten mochten. So ist seither die Unterscheidung zwischen „selbständiger“ 
und „abhängiger“ Reichsaufsicht, je nachdem das Aufsichtsrecht unmittel- 
bar aus der Verfassung fließt und auf den der Reichsgesetzgebung zugäng- 
lichen, aber noch nicht durch Reichsgesetze angebauten Gebieten aus- 
geübt wird (S. 370) oder aber das Vorhandensein besonderer reichsrecht- 
licher Normen voraussetzt, . gang und gäbe geworden !, obzwar TRIEPEL 
selbst (451 ff.) zum Ergebnis gelangt, daß auch die selbständige Reichs- 
aufsicht bei Lichte besehen nichts anderes ist als ein kleiner Ausschnitt 
aus dem großen Kreise der abhängigen Aufsicht, zumal die selbständige 
Aufsicht, — wenngleich sie sich niemals auf die „Handhabung“ von Reichs- 
gesetzen oder auf die Erfüllung von einzelnen, auf Grund der Verfassung 
erlassenen Reichsgesetzen bezieht —,‚letzten Endes auf die Erfüllung der 
Reichsverfassung selbst (namentlich vom Standpunkt des Reichsinteresses) 
gerichtet ist. 
1 Vgl. dazu auch AnscHürz, Die Verfassung des Deutschen Reichs 
v. 11. Aug. 1919, 1921 S. 50.
	        
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