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suchung vonSeeunfällennach deutschem und aus-
ländischem Recht = Abhandlungen aus dem Staats- und Ver-
waltungsrecht hersg. von DDr. Siegfried Brie und Dr. Max
Fleischmann. Breslau 1914. XXII und 481 Seiten 8°.
Seit langer Zeit ist das deutsche Recht der Seeunfalluntersuchung nicht
mehr systematisch dargestellt worden. Die es berührenden Arbeiten der
letzten Jahrzehnte waren nur Erläuterungswerke oder zielten auf eine Ver-
besserung des geltenden Rechtes ab. Damit ist eine empfindliche Lücke
bezeichnet, nicht allein für die Wissenschaft, sondern auch für die Praxis,
der beständig so viel Muße zu vergönnen ist, daß sie ab und zu einmal
den Kommentar und die Vorentscheidungen aus der Hand legen und sich
am System den Ueberblick über die größeren Zusammenhänge sichern
kann. Diese Lücke wird durch SAssens Buch, eine erweiterte Habilitations-
schrift, in dankenswerter Weise ausgefüllt.
Auf eine Einleitung, die vom Schrifttum des deutschen öffentlichen
Seerechts im allgemeinen und vom Zweck der vorliegenden Untersuchung
im besonderen handelt, folgen fünf Hauptabschnitte:
Der erste gibt, mit der britischen Kauffahrtei-Akte von 1854 beginnend,
die Vorgeschichte unseres geltenden Reichsgesetzes, betr. die Untersuchung
von Seeunfällen, vom 27. Juli 1877. Er wird durch spätere historische
Ausführungen noch ergänzt (S. 2832—292).
Ein zweiter, rechtsvergleichender Abschnitt behandelt „die Seeunfall-
untersuchung in der Gesetzgebung ausländischer Staaten®, unter denen
Großbritannien, die skandinavischen Reiche, die Niederlande, Frankreich,
Oesterreich und Rußland näher betrachtet, Argentinien, Belgien, Chile,
Columbien, Finnland, Italien und Japan beiläufig berührt werden. Beson-
ders zu begrüßen ist die Verwertung des niederländischen Gesetzes von
1909, da dieses, als im gleichen Jahre der amtliche deutsche Vorentwurf
für ein neues Seeunfallgesetz veröffentlicht wurde, offenbar noch nicht
hatte benutzt werden können und doch beim Fortschreiten unserer Gesetzes-
arbeiten Beachtung erfordert. Ein wichtiges Ergebnis der angestellten
Rechtsvergleichung ist dies: In allen fremden Staaten, deren einschlägige
Vorschriften wiedergegeben wurden, kann die gewerberechtliche Befugnis
zur Schiffsführung auch dann aberkannt werden, wenn deren Inhaber zwar
einen Seeunfall nicht verursacht, sich jedoch anderweit unwürdig oder un-
fähig gezeigt hat. So selbstverständlich eine derartige gesetzliche Regelung
an sich erscheinen mag, fehlt sie gleichwohl im deutschen Rechte der
Gegenwart. Dieses Recht kommt in zwei weiteren Hauptabschnitten zur
Darstellung. M
Hierbei werden erstlich gewisse Grunülbegriffe untersucht, wie z. B.
See, Seeunfall, Kauffahrteischiff. Daran schließt sich eine eingehende
Schilderung der Verfassung und Zuständigkeit der Untersuchungsbehörden
sowie des Untersuchungsverfahrens vor Seeamt und Oberseeamt. Soll aber