Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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einstigen Feinde Platz gegriffen haben würde. Sittlich steht der 
Herzog Karl Michael, der der übernommenen Dienstpflicht dem 
russischen Staate meinte treu bleiben zu müssen, doch weit höher 
als etwa der Kaiser Karl von Oesterreich. 
Indes, wie man moralisch das Verhalten des Herzogs auch 
bewerten mag, so ist nicht zu verkennen, daß es möglich gewesen 
wäre, vor dem Thronanfall ihn durch Gesetz — sei es ein Haus- 
gesetz oder Staatsgesetz — von der Thronfolge auszuschließen. 
Das war aber nieht geschehen, er wurde also ipso jure Groß- 
herzog und es kam daher nur noch seine Absetzung in Frage. 
Das monarchische Staatsrecht kannte aber ein Recht der Unter- 
tanen auf Entfernung eines Monarchen überhaupt nicht. Ein Ent- 
setzungsrecht der Agnaten, wie es ZÖPFL (Staatsrecht I $ 279) 
annimmt, wird von anderen Staatsrechtslehrern (ZACHARIAE, Staats- 
recht I & 84 der 2. Aufl., MEYER-ANSCHÜTZ, Staatsrecht I 8 91 
der 7. Aufl.) bestritten und läßt sich aus den von ZÖPFL an- 
geführten Beispielen nicht herleiten. Die Bestimmungen Ludwigs 
des Frommen galten nur für sein Haus, Rudolf II. war geistes- 
krank und im Falle des Herzogs Karl von Braunschweig war die 
juristische Begründung für die politisch notwendige Entfernung 
sehr schwach. Sieht man die Unwürdigkeit des Herrschers als 
einen Fall der Unfähigkeit an, so läßt sich nur die Einsetzung 
einer Regentschaft rechtfertigen, wie sie auch im obengenannten 
Braunschweiger Falle gefordert wurde (s. SCHULZE, Staatsrecht I 
$ 116); denn auch bei Unfähigkeit des Herrschers erscheint nach 
neuerer Rechtsentwickelung nur eine Regentschaft geboten. Frei- 
lich kann bei dauernder Regierungsunfähigkeit auch ein Thron- 
wechsel vorgenommen werden, wie zuletzt in Bayern geschehen 
ist; aber dann ist ein besonderes Gesetz erforderlich. Hiernach 
läßt sich nicht bestreiten, daß durch Mecklenburg-Strelitzsches 
Landesgesetz der Großherzog Karl Michael während der Regent- 
schaft des Schweriner Großherzogs hätte entsetzt werden können, 
oder auch — wie SCHULZE a. a. O. 8. 277 ausführt — daß es
	        
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