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lung dem gegenüber, über den die bekundende Stelle Autorität ist,
und nach der ganzen Struktur des modernen Staats ist die Voll-
ziehung der Justiz nicht übergeordnet *. — Vielleicht werden sich
auch einige finden, welche, wie im früheren Recht, die „Gegen-
zeichnung“ und die „Verkündigung“ als entscheidende Kriterien
gegen die Befugnis zur Prüfung der Gesetze betrachten, vielleicht
auch sogar einige, welche entsprechend den in jenem Sinne heran-
gezogenen Artikeln 17 und 19 der alten RV. („Ueberwachung der
Reichsgesetze“ und „Anhaltung der Bundesglieder zur Erfüllung
ihrer vertragsmäßigen Bundespflichten*) und Art. 106 der alten
Pr. VU. („Verbindlichkeit“) in der neuen RV. oder Pr. V. Vor-
schriften entdecken werden, welche sie für bzw. gegen die Prüfung
der Gesetze ausbeuten werden. Allen derartigen Versuchen kann
schon von vornherein entgegengetreten werden: wie in der alten
RV., so gibt es auch in der neuen keinen Artikel, welcher eine
Bestimmung für oder wider die Prüfung enthielte. Dasselbe gilt
auch von der neuen preußischen Verfassung ?5 2% 27 28,
®* Weitere Gründe s. in m. Buche 8. 178 ff. — S. gegen diese Wirkung
der Ausfertigung neuerdings wieder auch ARrnDT i. Recht 1920 8. 107;
RV. S. 165; TrırpeL a. a. O. 533 ff.
?5 Es kann auf die Ausführungen in meiner Schrift zum alten Recht
verwiesen werden (S. 239 ff... — Für die neue RV. ergibt sich das auch
schon ohne weiteres aus den Ausschußverhandlungen.
26 Die Fassung des Art. 61 PrVU.: „Ein Gesetz ist verbindlich, wenn
es verfassungsmäßig zustandegekommen und vom Staatsministerium in der
vorgeschriebenen Form verkündet worden ist“, erscheint ungeschickt. In
Art. 60 heißt es: „Das Staatsministerium verkündet... die verfassungs-
mäßig zustandegekommenen Gesetze ..*. Also nur die von ihm auf die
Verfassungsmäßigkeit hin geprüften. Von der Verkündigung hängt nun
in allen Verfassungen die Verbindlichkeit ab (d. h. jene ist eine deren
Voraussetzungen, s. meine Schrift 202 ff.). Nun statuiert eben Art. 61 als
weitere Voraussetzung — wenigstens dem Texte nach — das „verfassungs-
mäßig Zustandegekommensein“. Wörtlich genommen könnte es nun den
Anschein haben, als ob Art. 61 die Behörden nicht nur erst nach der
Publikation, sondern auch noch erst nach der Feststellung der Verfassungs-
mäßigkeit binden wollte, ihnen mithin das Prüfungsrecht überträgt. M. E.
ergibt sich aber die Unzulässigkeit dieser Folgerung aus Art. 60, wonach