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„auf eine historische Legitimierung des heute in Verwendung
stehenden Souveränitätsbegriffs an. Für eine notwendige Vor-
stellung... soll ein Ausdruck gefunden werden; die hergebrachte
Terminologie bietet einen, der im allgemeinen Sprachgebrauch
ungefähr jene Bedeutung hat, die richtiger Erkenntnis nach be-
nötigt wird“ (S. 3). KELSENs Souveränitätslehre hat mit den bis-
herigen Theorien der Souveränität den Terminus, aber nicht
den Begriff gemeinsam.
Wenn man von älteren und überholten Versuchen, den Sou-
veränitätsbegriff zu bestimmen, absieht, so darf man im Sinne
der herrschenden Staatsrechtslehre die Souveränität als
Eigenschaft des Staates, genauer: der „Staatsperson als eines der
Rechtsordnung unterworfenen Subjektes“ ansehen. „Die allge-
meine Zuerkennung der Souveränitätsqualität an den Staat und
die Ablehnung jedes anderen Souveränitätssubjekts durch die
neuere Theorie .“ erachtet KELSEN treffend als „ein Symptom
für die richtige Tendenz, in der sich der Staatsbegriff neuestens
dem Rechtsbegriff zu nähern und mit ihm zu verschmelzen sucht“
(S. 16). Freilich ist diese zum Attribute des Staates gestempelte
Souveränität zugleich auch noch Gradmesser des metajuristischen
Einschlages, der politischen Desorientierung des geläufigen Staats-
begriffes. Denn die Souveränität begegnet uns nur zu häufig als
Eigenschaft der Staatsgewalt, des Staates als Gewaltfaktor, als
eines Stückes der kausal bestimmten sozialen Wirklichkeit, also
einer metarechtlichen Erscheinung, die merkwürdigerweise noch
immer neben der rechtlichen „Seite“ des Staatsphänomens zum
Gegenstand vermeintlich juristischer Betrachtung gemacht wird.
Es kann im Rahmen dieser den positiven Ergebnissen des KELSEN-
schen Werkes gewidmeten Darstellung die fesselnde Auseinander-
setzung mit den verschiedenen Auffassungen der staatlichen
Souveränität, namentlich mit ihrer Deutung als Macht
über die Rechtsordnung, als Rechtsfolge und als
subjektives Recht, als ausschließliche Fähigkeit