Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

bei es selbstverständlich keinen Wesensunterschied ausmacht, daß 
hier ein fertig geformtes, inhaltlich reich erfülltes Normensystem 
vorliegt, das sich ein fremdes Normprinzip sozusagen mit einem 
Griff zu eigen macht, während in den ständig gebräuchlichen 
Fällen der Delegation erst eine in Entstehung begriffene Normen- 
gruppe, z. B. die künftig erlassenen gesetzmäßigen Verordnungen 
als dem delegierenden Normprinzipe zugehörig, aus dieser Quelle 
fließend qualifiziert wird. Berühmt ist die Verweisung der christ- 
lichen Moral auf das Gebot der legitimen weltlichen Obrigkeit. 
(„Du sollst dem Kaiser geben, was des Kaisers ist.*) Auf diesem 
Wege geht die Fülle der Staatsrechtsordnungen als delegierter 
und selbstverständlich denaturierter, ihres Rechtscharakters ent- 
kleideter Teilordnungen in ein kirchliches Moralsystem ein. Die 
gleiche Bezugnahme, das gleiche Aufeinanderbezogensein kann ja 
meist nun auch zwischen Völkerrechtsordaung und Staatsrechts- 
ordnung obwalten, wenn man beide als zugleich und gleicherweise 
als rechtsverbindlich erkennen können soll. Und in der Tat bietet 
das positive Recht, und zwar Staatsrecht und Völkerrecht, genü- 
gend Anhaltspunkte für eine solche Beziehung und damit für 
einen der Schablone: Ueberordnung — Unterördnung entsprechen- 
den Systemzusammenhang der a priori beziehungslos erscheinenden 
Normsysteme. Das Völkerrecht verweist z. B. auf die staatlichen 
Organisationsvorschriften, nach denen etwa zu beurteilen ist, wer 
-— auch von Völkerrechts wegen — zum Abschluß eines Staats- 
vertrages legitimiert ist; das Völkerrecht enthält ferner Normen 
über die Anerkennung von Staaten: das bedeutet zugleich eine 
völkerrechtliche Autorisation oder Delegation des betreffenden 
Staatsrechtes in einem bestimmten Geltungsbereich. Und umge- 
kehrt gilt z.B. nach alter anglo-amerikanischer Rechtsvorstellung das 
ganze Völkerrecht als Bestandteil des Staatsrechtes — gewisser- 
maßen als staatliches Gewohnheitsrecht. Im Rechtsbereiche des 
deutschen Volkes hat neuerdings der Wunsch, sich mit dem Völ- 
kerrechte zu identifizieren, zur verfassungsmäßigen Rezeption des
	        
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