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in Bayern war nicht durch Gesetz oder Verordnung geregelt, beruhte viel-
mehr auf der Verwaltungspraxis, die, einer Entschließung des Staatsmini-
steriums für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 29. Oktober 1875
folgend, den weiblichen Lehrkräften an öffentlichen Schulen die Erlaubnis
zur Eheschließung grundsätzlich verweigerte, einer Praxis, die, wenngleich
tatsächlich ausnahmslos durchgeführt, doch, wenigstens theoretisch, die
Möglichkeit einer Ausnahme offen ließ. Nach Art. 151 des bayer. Volks-
schullehrerges. dagegen erlischt das Dienstverhältnis ausnahmslos und kraft
Gesetzes mit der Eheschließung. Es kommt indessen auf diese Unterschiede
nicht an. Für die hier zu entscheidende Frage ist vielmehr maßgebend,
daß es sich um ein unter der Herrschaft der RV. erlassenes Gesetz handelt,
das infolgedessen auch mit deren Bestimmungen im Einklang stehen muß.
Die Entscheidung hängt demnach nur noch davon ab, ob die von der Reichs-
regierung beanstandeten Vorschriften im Sinne des Art. 128 Abs. 2 der
RV. Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte sind. Die Frage ist
zu bejahen. Lehrer an öffentlichen Schulen haben nach Art. 143 Abs. 3
der RV. die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten und nach Art. 1 Abs. 3
des bayer. Volksschullehrergesetzes sind die Volksschullehrer, einschließ-
lichder Lehrerinnen, Beamte des Staates. Die bayerischen Volks-
schullehrerinnen sind daher weibliche Beamte. Es handelt sich aber auch
um Ausnahmebestimmungen gegen solche Beamte. Der im Art. 128 Abs. 2
der RV. ausgesprochene Grundsatz soll ersichtlich dem auch sonst hervor-
tretenden Gedanken der Gleichberechtigung von Mann und Frau Geltung
auf dem Gebiete des Beamtenrechtes verschaffen. Wie nach Art. 109 Abs. 2
der RV. Männer und Frauen dieselben staatsbürgerlichen Rechte haben,
so sollen sie auch als Beamte grundsätzlich gleichberechtigt sein. Das
kann freilich nıcht den Sinn haben, daß fortan ein Unterschied zwischen
männlichen und weiblichen Beamten in Recht und Verwaltung überhaupt
nicht mehr vorkommen dürfe. Der natürliche Unterschied der Geschlechter
und seine Einwirkung auf die Ausübung amtlicher Tätigkeit verlangt weit-
gehende Berücksichtigung. Sonderbestimmungen zur Regelung des Dienst-
verhältnisses weiblicher Beamten, die diesem Unterschiede Rechnung tragen,
sind daher nicht zu vermeiden und trotz Art. 128 Abs. 2 der RV. zulässig.
Dies darf jedoch nicht zu grundlegenden Verschiedenheiten in der Behand-
lung von Mann und Frau in ihrer Eigenschaft als Beamte führen. Eine
für das persönliche Leben einschneidendere Verschiedenheit läßt sich aber
kaum denken als die, daß der Mann völlig unbeschadet seiner amtlichen
Stellung eine Ehe schließen darf, während die Frau, wenn sie verheiratet
ist, zum Amte nicht zugelassen und, wenn sie als Beamte eine Ehe schließt,
mit dem Verluste des Amtes belegt wird. Eine solche Regelung, wie sie
auch in den beanstandeten Bestimmungen der Art. 151 Abs. 1 Satz 1 und
153 Abs. 1 des bayer. Volksschullehrergesetzes zum Ausdruck kommt, ist
im hervorragenden Sinn als Ausnahmebestimmung gegen weibliche Beamte