Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Machtvollkommenheit noch so beschränkten Staatsoberhauptes 
überhaupt nicht vorhanden ist, vielmehr die nötigen Gegen- 
gewichte erst künstlich geschaffen werden müssen. Man könnte 
einwenden: wir haben ja hier das souveräne Volk, von dem alle 
Staatsgewalt ausgeht! Dieses Volk kommt aber nur zum Worte 
in längeren Zeitabständen bei den Wahlen, wenn es nicht aus- 
nahmsweise auch einmal in der Zwischenzeit um seine Willens- 
meinung befragt wird; im übrigen aber ist es zur Tatlosigkeit 
verurteilt. 
$ 3. Nach der Meinung WILHELM v. BLUMEs (Wesen und 
Aufgaben der Parlamente, im Handbuch der Politik, 3. Aufl., 
Bd. 1, S. 337 £.), liegt den verschiedenen Formen, in denen die 
Teilnahme des Volkes an den Staatsgeschäften verwirklicht wird, 
ein einheitlicher Gedanke zugrunde, den er als „parlamentarische 
Idee* Lezsichnet. Es ist der Gedanke, einen Ausschng der Bürger- 
schaft beschließend an den Geschäften der zentralen Staatsleiturg 
teilnehmen zu iassen: Beteiligung der Regierten an der Regie- 
rung; neben den Monarchen als alleinigen Willensbildner für den 
an sich willensunfähigen Staat tritt als neuer Willensbildner das 
Parlament. Unbestreitbar hat dieser Gedanke einen Siegeszug 
über die ganze Erde angetreten, nicht bloß über die europäischen 
Staaten, sondern auch über die anderen Erdteile, insbesondere 
Amerika und asiatische Länder (Japan, Türkei, Persien), sowie 
die englischen, mit Selbstverwaltung ausgestatteten, Kolonien. 
Dieselben Kräfte aber, aus denen er entsprungen ist, drängen 
darauf hin, den Parlamenten die Alleinherrschaft ım Staate zu 
verschaffen. Aus dem Siegeszuge der parlamentarischen Idee wird 
ein soleher des parlamentarischen Systems. Eine Ausnahme- 
stellung nehmen hier nur vermöge ihrer eigenartigen Verfassungen 
die Schweizer Eidgenossenschaft mit ihren einzelnen Kantonen 
und die Vereinigten Staaten von Nordamerika ein. 
Ganz richtig bemerkt v. BLUME a. a. O.S. 343, daß das Vor- 
dringen des Parlamentarismus mit dem Vordringen des demo-
	        
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