Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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jederzeit durch Anrufung des Volksentscheides umgestoßen werden 
kann und nur so lange gelten kann, als die Beschlüsse des Parlamentes 
tatsächlich der allgemeinen Volksmeinung entsprechen. Haltbar 
wäre jene Annahme nur dann, wenn die vom Volke gewählten 
Abgeordneten ein imperatives Mandat ausübten d. h. sich le- 
diglich nach den Weisungen zu richten hätten, die ihnen von der 
Wählerschaft erteilt werden. Gerade dies aber soll bei der mo- 
dernen Volksvertretung ausgeschlossen sein: das Parlament.soll 
nicht den Willen der verschiedenen Wähler, sondern den Staats- 
willen durch seine Beschlüsse zum Ausdruck bringen”. Der 
Abgeordnete ist nicht gebundener Delegierter seiner Wählerschaft, 
sondern freier Repräsentant des ganzen Volkes oder soll es we- 
nigstens sein °® (s. hierzu aber unten S. 299). 
Zu 2. Ein sehr beliebtes Argument, welches zugunsten des 
Parlamentarismus gebraucht wird, ist, daß nur dieses System die 
besten Kräfte der Nation an den Tag bringe und dem Staate die 
wahren Führer liefere. So sagt v. BLUME im Handbuch der 
Politik 8. 346: 
„Die Beamtenlaufbahn mit ihren Prüfungen, ihren Dienstaltersstufen 
und ihren Führungslisten vermag dem Staate tüchtige Diener zu liefern 
— eine Schule für Staatsmänner ist sie nicht, Denn der Staatsnıann be- 
darf des Mutes der e;.grnen Verantwortung und der Fihigkeit, seinen 
Willen gegen ernste Wilerstünde zur (teltung zu bringen Eigenschaften, 
die im Untergebenenverhältnis, aiso im Benmtenverhältnis,nur unter be- 
sonders günstigen Umständen gedeihen. Sie konnen aber zur Entwick- 
Inng in der Selbstverwaltung nnd .n parlamentarıscher Täligkeit. Ferner: 
ein guter Monarch wird seine kähigkeit, zu regieren, gerade durch die 
Auswahl seiner Berater bewähren. Aber nicht jeder Monarch besitzt diese 
Fähigkeit; die Gefahr, daß er starke Persönlichkeiten ablehnt, ist bei 
einem schwachen Monarchen überaus groß; die parlamentarische Auslese 
dagegen bringt mit Notwendigkeit gerade die Führernaturen an die Spitze.“ 
TEE 
?® „Les membres de l’assemblee nationale sontrepresentants de la France 
entiere* heißt es in Art. 834 der französischen Verfassung von 1848 und „die 
Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes“ in Art. 21 der deutschen 
Reichsverfassung von 1919. 
9 S. HaseacH a. a. 0, S. 260.
	        
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