Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Gesellschaft wie in der Natur“ (ZENKER a.a. O. S. 53). Welche 
Partei in dem Kampfe der Parteien um die Besetzung der ober- 
sten Staatsämter obsiegt, beherrscht, solange sie die Oberhand 
behält, tatsächlich den Staat, gleichviel ob daneben ein erblicher 
Monarch oder ein vom Volke gewählter Präsident als nominelles 
Staatshaupt steht. Damit bestimmt sich die Richtung der Regie- 
rung je nach den wechselnden Mehrheiten des Parlamentes, und 
je schneller und häufiger dieser Wechel eintritt, um so weniger 
ist die im Interesse einer gedeihlichen Entwickelung des Ganzen 
erforderliche Ruhe und Stetigkeit in der äußeren und inneren 
Politik des Staates gewährleistet. Denn die Parteien, die einander 
im Besitze der Staatsgewalt ablösen, fühlen sich regelmäßig nicht 
als Rechtsnachfolger, sondern als neue Erwerber (v. SEYDEL 
a.a. 0. 8. 126). Sie wollen das’Staatswesen lediglich nach ihren 
Anschauungen und Grundsätzen lenken und einrichten und stürzen 
ohne Bedenken um, was die Vorgänger geschaffen haben. Dies 
ist namentlich dann zu befürchten und auch tatsächlich eingetreten 
wenn Parteien von grundsätzlicher Gegnerschaft in der Regierung 
abwechseln. Solches Niederreißen und Wiederaufbauen führt aber 
zu einer großen Vergeudung wertvoller Staatskräfte, zur fort- 
schreitenden Vermehrung der Beamten, zu allerlei neuen Ein- 
richtungen und Experimenten, die immer wieder neue Geldmittel 
erfordern, ohne daß auf bleibende Wirkungen gerechnet werden 
kann, da man nicht weiß, wie lange sie bestehen werden. Dies 
Alles haben wir im neuen Deutschen Reiche und in seinen einzel- 
nen Gliedstaaten seit der Revolution zur Genüge erlebt. Daß 
hierbei ein wirklich gesundes und ersprießliches Staatsleben sich 
nicht entwickeln kann, liegt auf der Hand. „Eine mittelmäßige, 
aber stetige Verwaltung arbeitet immer besser als eine solche, 
die von einem Aeußersten zum andern springt“ sagt sehr treffend 
MAx v. SEYDEL (a. a. O. S. 127). Extreme Wechsel in den 
leitenden Regierungsgrundsätzen mögen hier und daerwünscht sein, 
‚an sich bedeuten sie jedenfalls keinen Vorteil für das Gedeihen 
des Staatsganzen.
	        
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