Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Anschauung über eine Gesetzesvorlage der Regierung kann sich 
aber zu einem Gegenentwurfe verdichten; ‘er kann auch selbständig 
eine Gesetzesvorlage über einen von der "Reichsregierung noch 
nicht behandelten Gegenstand beschließen, und in beiden Fällen 
hat die Reichsregierung die Vorlage des Reichsrates unter Dar- 
legung ihres Standpunktes beim Reichstage einzubringen (Art. 69 
Abs. 2). Als weiteres Organ mittelbarer Initiative tritt nach 
Art. 165 Abs. 4 für sozialpolitische und wirtschaftspolitische Gesetz- 
entwürfe von grundlegender Bedeutung der Reichswirtschafts- 
rat hinzu 2. Diesem soll die Reiehsregierung solche Entwürfe vor 
ihrer Einbringung vorlegen ‘*. Der Reichswirtschaftsrat hat das 
Recht, solche Gesetzesvorlagen auch selbst zu beantragen. Stimmt 
die Reichsregierung nicht zu, so hat sie trotzdem die Vorlage 
unter Darlegung ihres Standpunktes beim Reichstage einzubringen. 
Außerdem besteht im Reiche nach Art. 73 Abs. 3 die Volks- 
initiative: auf Begehren eines Zehntels der Stimmberechtigten 
nach Vorlegung eines Gesetzentwurfes ist ein Volksentscheid her- 
beizuführen. Diesem Volksbegehren muß ein ausgearbeiteter Ge- 
setzentwurf zugrunde liegen, der von der Regierung unter Darlegung 
ihrer Stellungnahme dem Reichstage zu unterbreiten ist. Wird der 
begehrte Gesetzentwurf vom Reichstage unverändert angenommen, so 
erledigt sich der Volksentscheid“ °®. Man sieht, daß hier gegenüber 
der gesetzgebenden Gewalt des Volksparlamentes doch einige recht 
bedeutsame Gegengewichte geschaffen worden sind, wenn auch 
deren Wirkung durch das parlamentarische System selbst wieder 
stark beeinträchtigt wird. Denn von der Befugnis, ein vom Reichs- 
  
“ Zunächst ist durch Ver. vom 4. Mai 1920 ein vorläufiger Reichs- 
wirtschaftsrat gebildet worden. 
49 Veber die Bedeutung dieser Sollvorschrift s. TRIEPEL a. a. O. 
S. 487. 
6° Es gibt demnach im Reich ein fünffaches Initiativrecht: ein un- 
mittelbares der Reichsregierung und der Mitglieder des Reichstags, ein mittel- 
bares des Reichsrates, des Reichswirtschaftsrates und des ganzen Volkes, 
s. hierüber TRIEPEL a. a. O. S. 477 ff.
	        
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