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setzt werden können (Art. 129), daß sie Diener der Gesamtheit,
nicht einer Partei sind und daß allen Beamten die Freiheit ihrer
politischen Gesinnung und die Vereinigungsfreiheit gewährleistet
ist (Art. 130). Und alle diese Bestimmungen gelten nicht bloß
für die Reiehsbeamten, sondern auch für die Beamten der Einzel-
staaten und ihrer öffentlich-rechtlichen Verbände. Die gleichen
Grundsätze müssen aber im Hinblick auf etwa mögliche Aende-
rungen der Reichsverfassung auch in den Verfassungen der einzelnen
Länder festgelegt werden, was bisher freilich nur in Preußen und
Bayern geschehen ist. Vor allem kommt es nicht bloß darauf
an, daß solche Grundsätze verfassungsmäßig aufgestellt werden,
sondern auch darauf, daß sie wirklich durchgeführt und streng
eingehalten werden. Und daß dies bisher bezüglich der Besetzung
aller Beamtenstellen, besonders der höheren leitenden Verwaltungs-
ämter, immer geschehen sei, kann leider ebensowenig behauptet
werden, wie daß man ihren Inhabern volle Freiheit der politischen
Gesinnung gewährt habe °®®.
Wenn irgendeine Staatseinrichtung unter der Herrschaft der
konstitutionellen Monarchie in Deutschland ihrer Aufgabe in vol-
lem Maße gerecht geworden ist, so ist es das Beamtentum gewesen.
So sagt schon GERBER a. a. OÖ. S. 112 Anm. 3:
„Es ist ein Akt der Gerechtigkeit, zu konstatieren, daß die unermeß-
liche Entwickelung der Kultur des deutschen Volkes in ökonomischer
und politischer Hinsicht seit den letzten 50 Jahren zum großen Teil auf
der Arbeit des Staatsdienstes beruht“.
Und was ein pflichttreuer, von politischen Strömungen unab-
hängiger Beamtenstand, dessen eingedenk, daß er mit seiner ganzen
Persönlichkeit nur dem Staate zu dienen hat, bedeutet, das hat
sich erst unlängst wieder bei der großen Staatsumwälzung im
8° Der von PorTzscH, Reichsverf. 2. Aufl. S. 185 ausgesprochenen
Meinung, daß das Versprechen des Art. 130 Abs. 2 der Reichsverf. sich prak-
tisch als uneinlösbar gezeigt habe, und daß die Einheitlichkeit der politi-
schen Leitung unter Umständen Ausnahmen für die obersten Beamten verlange,
kann grundsätzlich nicht beigetreten werden.