Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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November 1918 gezeigt. Willig und unentwegt haben hier auch 
die in ihrer Mehrheit monarchisch gesinnten Staatsbeamten, so 
schwer es auch manchen von ihnen geworden sein mag, ihren 
Dienst dem Vaterland auch unter den neuen Gewalthabern weiter 
geleistet und so bis zur Schaffung neuer verfassungsmäßiger Zu- 
stände den Staat vor dem gänzlichen Zusammenbruche bewahrt. 
$ 21. Schlußwort. Nach den vorstehenden Ausführungen 
vermag ich den schrankenlosen Parlamentarismus, wie er jetzt in 
den Verfassungen der deutschen Einzelstaaten, glücklicherweise 
noch nicht in vollem Maße im Deutschen Reiche verwirklicht er- 
scheint, nicht als diejenige Regierungsform anzusehen, unter der 
das deutsche Volk auch mit seiner jetzigen republikanischen Ver- 
fassung sich wieder erheben und zu innerer Kraft und äußerer 
Stärke gelangen kann und wird. Denn hierzu fehlt es zunächst 
an der einen, bedeutendsten Voraussetzung, an den zwei großen 
Parteien, die miteinander um die Herrschaft ringen und von denen 
jede in sich stark und gefestigt genug sein muß, um, wenn sie 
durch die Wahl des Volkes die Oberhand erlangt hat, eine nach 
innen und außen kraftvolle Regierung zu bilden. Dies war der 
Fall, jahrhundertelang, im Lande des klassischen Parlamentaris- 
mus, in England. Heute, wo dort eine dritte Partei, die Arbeiter- 
partei auf den Plan getreten ist, beginnt der Parlamentarismus 
auch in England sich anders auszuwirken, nämlich zum Koalitions- 
system zu führen. Koalitionsregierungen können aber nie so stark 
und unerschütterlich dastehen, wie Kabinette, die sich auf eine 
große Partei stützen und von dieser getragen werden. Dies sehen 
wir heute sowohl im Reiche, wiein den meisten deutschen Ländern, 
Fast überall haben wir Koalitionskabinette, die keine festen Mehr- 
heiten im Parlamente hinter sich haben und mit jeder wichtigen 
Frage stehen und fallen können. Das alles aber liegt nur an 
der unseligen Zersplitterung in zahlreiche größere und kleinere 
Parteien, an der das deutsche Volk von jeher gelitten hat und
	        
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