Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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spricht derjenigen des englischen Premierministers; aber seine 
Aufgabe bei der Kabinettsbildung ist erschwert durch die herrschende 
Parteizersplitterung. Die Schwierigkeit der Kabinettsbildung 
trat in der Regierungskrise nach der Wahl des Reichstags am 
6. Juni 1920 deutlich zutage. Das Wahlergebnis batte der 
alten Koalition keine Mehrheit gebracht. Die Regierung trat in- 
folgedessen dem Reichtag gar nicht mehr gegenüber, sondern 
fügte sich dem Urteil der Wähler und demissionierte Eine Er- 
weiterung der Koalition nach rechts scheiterte am Widerstand 
der Parteien; ebensowenig Erfolg hatte die Linksorientierung. 
Nach nahezu drei Wochen langen Versuchen kam eine Regierung 
der Mitte zustande, die sich aus Vertretern des Zentrums, der 
deutschen demokratischen Partei und der deutschen Volkspartei 
zusammensetzte. Diese Parteien konnten jedoch zusammen nur 
auf die sichere Unterstützung von 176 Mitgliedern des 460 Mit- 
gliedern zählenden Reichstags rechnen. Im übrigen war sie auf 
das Wohlwollen der anderen Parteien angewiesen, dessen sie sich 
durch Verhandlungen von Fraktion zu Fraktion schon vor ihrem 
Zusammentritt zu versichern gesucht hatte. In der Tat bewährte 
sich diese Taktik, denn das am 3. Juli 1920 von der unabhängigen 
sozialdemokratischen Partei eingebrachte Mißtrauensvotum wurde 
mit 313 gegen 64 Stimmen, also mit überwältigender Mehrheit, 
abgelehnt. Man darf somit diese Minderheitsregierung als einen 
für die deutschen Parteiverhältnisse charakteristischen Fall be- 
trachten, mit dem man auch in Zukunft des öfteren rechnen müs- 
sen wird. Eine solche Minderheitsregierung wird naturgemäß nie 
sehr stark sein, sie wird immer mit den starken Parteien außer- 
halb des Kabinetts Kompromisse schließen müssen, wenn sie Be- 
stand haben soll. Es wird Sache des Reichspräsidenten sein, den 
richtigen Augenblick zu erfassen in dem die Stimmung des Volkes 
soweit nach der einen oder andern Seite neigt, daß eine Neuwahl 
eine Mehrheitsregierung bringen kann.
	        
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