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Regierungsbildung legte man in die Hände der Wählerschaft, in-
dem man in $ 7 des vorläufigen Staatsgrundgesetzes dem Gesamt-
ministerium das Recht einräumte, über Beschlüsse des Landtags,
die in Widerspruch zu dem Staatsgrundgesetz standen, eine Volks-
abstimmung entscheiden zu lassen. Diese Volksabstimmung ent-
schied dann zugleich über die Existenz des Ministeriums. Mit
dieser Bestimmung war aber der Gleichgewichtszustand zwischen
Volksvertretung und Regierung nicht gesichert. Denn die Ent-
scheidung des Volkes konnte von der Regierung nur in einem
ganz bestimmten Fall angerufen werden, wenn nämlich ein Land-
tagsbeschluß in Widerspruch zu dem Staatsgrundgesetz stand.
Die Existenz der Regierung hing sonst immer vom Willen des
Landtags ab, aus dem sie hervorgegangen war und der sie durch
ein Mißtrauensvotum stürzen konnte, ohne daß ihr dagegen eine
Waffe zu Gebote stand. Das vorläufige Staatsgrundgesetz hatte
somit das parlamentarische System noch nicht in seiner echten
Form verwirklicht. Der Verfassung blieb die Lösung dieses Pro-
blems noch vorbehalten.
Die Entstehung der Verfassung.
Der Entwurf zu der endgültigen Verfassung wurde dem Land-
tag von der Regierung am 28. Mai 1919 vorgelegt. Er wurde
alsbald einem Ausschuß überwiesen, der zahlreiche Einzelheiten
änderte, die Grundzüge des Entwurfs jedoch bestehen ließ. Der
Entwurf wurde nach der Bearbeitung durch den Auschuß vom
Landtag unverändert angenommen und trat am 14. August 1919,
drei Tage nach der neuen Reichsverfassung, in Kraft.
Verfassung und Regierungsbildung.
Die bayrische Verfassung enthält die Bestimmungen über die
Regierungsbildung in den $$ 58 ff. Das Gesamtministerium wird
vom Landtag bestellt, es leitet seine Macht von der Bestellung
durch die Volksvertretung ab. Der Ministerpräsident wird vom
Landtag mit Stimmenmehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl ge-