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heit, Ruhe und Objektivität, die Unbeeinflußbarkeit durch die
Stimmung oder Strömung des Augenblicks oder durch unkontrol-
lierbare persönliche Empfindungen, Gefühle und Strebungen, Un-
abhängigkeit von sozialen und politischen Riehtungen, Strömungen,
Parteiprogrammen und nicht zuletzt die Freiheit von all den
gröberen und feineren, nicht leicht abstreifbaren Abhängigkeiten
des vorübergehend mit dem Richterstuhl vertauschten Erwerbs-
lebens. Laien ermangeln (abgesehen von der körperlichen Aus-
dauer) der auch bei längeren Verhandlungen anhaltenden geistigen
Frische und Aufnahmefähigkeit. Sie geben sich in rechtlichen
oder ihnen ungeläufigen Dingen über die Gründe ihrer Meinung
nicht genügende Rechenschaft; an Stelle scharfen Nachdenkens,
strengen Beweises und gewissenhafter Entscheidung nach Ver-
nunftgründen tritt eine mehr oder minder unklare Empfindung
und eine ganz unzuverlässige Gefühlsrechtsprechung. Das sub-
jektive Gefühl, das anstatt des ungekannten oder unverstandenen
Gesetzes die „Rechtsquelle“* der Laiengerichte bedeutet, ist besten-
falls ein augenblickliehes Billigkeitsgefühl, das der unbedingten
Rücksicht auf den einzelnen Fall die im Interesse des Ganzen
notwendige Ordnung, das Wesen des Rechts, opfert; oft ver-
stecken sich aber hinter diesem unbestimmten und unkontrollier-
baren Gefühle bloße Willkür, rohe oder unreine Leidenschaften
und Instinkte sowie Vorurteile und Unwissenheit aller Art.
die Gerichte bedingungslos dem Gesetze zu unterwerfen (GVG. 8 1, RV.
Art. 102). Auch sonst bietet HEINEs Aufsatz so viel Ungereimtes und
Falsches, daß man sich über seine Aufnahme in ein Sammelwerk wundern
muß, das ernst genommen sein will. So die Zumutung an den Leser, die
allgemeinen Behauptungen zu glauben, daß zu Geschworenen „so gut wie
ausschließlich Mitglieder der sog. höheren Stände“ berufen werden (S. 67,
oder daß sich die Geschworenengerichte besser als die Schöffengerichte
und diese besser als die Strafkammern bewährt haben, daß die Heran-
ziehung des Laienelements zur Strafrechtspflege notwendig sei und einen
Fortschritt bedeute (S. 70), daß den Schwurgerichten die Aburteilung aller (!)
Handlungen gegen die Staatssicherheit und öffentliche Ordnung, aller An-
klagen wegen Majestäts- und Beamtenbeleidigung zugewiesen werden
müsse (S. 71).
Archiv des öffentlichen Rechts. XLI. 1. 5