Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

74 — 
die Gerichte, grenzen deren Sprengel ab; die Landesregierung er- 
nennt die Richter; der Justizminister des Einzelstaats übt die 
Justizaufsicht aus usw. Damit erklärt es sich, daß deutsche Ein- 
zelstaaten jetzt noch Verträge (Konventionen) über die Einsetzung 
gemeinschaftlicher Gerichte miteinander abschließen können. So 
sind gemeinschaftliche Oberlandesgerichte für die thüringischen 
Staaten in Jena, für die beiden Mecklenburg in Rostock, für die 
Hansestädte in Hamburg, gemeinsame Landgerichte in Rudolstadt. 
Meiningen errichtet; es kann selbst ein Staat die Ausübung seiner 
Gerichtsbarkeit in gewissen Beziehungen einem anderen über- 
tragen, wie es Waldeck gegenüber Preußen getan hat. Aber auch 
die Rechtsprechung, die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten, ist 
Sache der Einzelstaaten; die deutschen Gerichte sprechen regel- 
mäßig nicht im Namen des Reichs, sondern im Namen des Landes 
(der freien Stadt) Recht. Dagegen hat das Reich — abgesehen 
von den früher erwähnten besonderen Reichsverwaltungsgerichten 
— sich in den wichtigsten Rechtssachen die Gerichtsbarkeit ober- 
ster Instanz und damit im Interesse der Rechtseinheit die Mög- 
liehkeit vorbehalten, die in den Einzelstaaten erlassenen Urteile 
zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben. Deshalb ist das 
höchste deutsche Gericht, wie schon sein Name sagt, ein „Reichs- 
gericht“. 
I. 
Die Gerichte sind in der Regel ständig, also dauernde 
Einrichtungen zur Erledigung von Rechtssachen bestimmter Art; 
sie werden nicht für den Einzelfall besonders eingesetzt, wodurch 
die Staatsgewalt dessen Entscheidung mittelbar beeinflussen könnte. 
„Ausnahmegerichte sind unstatthaft* (GVG. $ 16, Satz 1, RV. 
Art. 105, S. 1). Vielmehr sind die Gerichte ohne Rücksicht auf 
Person und Gegenstand des einzelnen Prozesses in gleichmäßiger, 
von vornherein bestimmter Weise besetzt. Wer nach den all- 
gemeinen Regeln der Zuständigkeit vor ein bestimmtes Gericht 
gehört, darf nicht einem anderen vorhandenen oder gar eigens
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.