Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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IV. 
Um den Prozeßstoff objektiv und unbefangen beurteilen zu 
können, müssen die Gerichtsbehörden und Richter unabhängig 
sein: nach oben und unten, nach innen wie nach außen. Be- 
sondere Rechtssätze und gesetzliche Garantien wollen die richter- 
liche Unabhängigkeit nach jeder Richtung sicherstellen. 
1. Zunächst denkt man mit GVG. $ 1 und RV. Art. 102 an 
die Unabhängigkeit nach oben. Sie besteht darin, daß die 
Richter in ihrer rein richterlichen, rechtsprechenden Tätigkeit, bei 
gerichtlichen Entscheidungen, nicht aber bei (Justiz-)Verwaltungs- 
geschäften (EG. z. GVG. $ 4), nicht an Befehle, Weisungen oder 
Belehrungen eines Vorgesetzten gebunden sind, sondern sich nur 
nach dem Gesetz und ihrem Gewissen zu richten haben; alle 
Kabinettsjustiz oder Beeinflussung der Rechtsprechung dureh die 
Regierung und alles, was darauf unmittelbar oder mittelbar hin- 
ausläuft, ist grundsätzlich verboten (GVG. $ 1). 
Was dagegen das Verhältnis des Richters (auch des Laienrich- 
ters)?° zum Gesetz anlangt, so ist er diesem bedingungslos „unter- 
worfen“. Er muß es ohne Rücksicht darauf anwenden, ob es ihm 
billig erscheint und seinem Gerechtigkeitsgefühl entspricht; er 
darf es nicht umgehen oder verbessern wollen, sich dem Gesetz- 
  
  
22 Näheres s. bei DoERR, Begriff und Grenzen der richterl. Unab- 
hängigkeit, Rhein. Zeitschr. f. Zivil- und Prozeßrecht III S. 425 ff. mit ein- 
gehenden Literaturnachweisen. Vgl. ferner das neben den deutschen auch 
die österreichischen Verhältnisse berücksichtigende Buch von MAX BURCK- 
HARD, Der Richter, Berl. 1909 [Das Recht, hrsgeg. v. Fr. KOBLER, Bd. IV], 
S. 23 ff, sowie den Aufsatz von WıLH. Marx, Richter und Justizver- 
waltung, bei Bozi und Heinemann, Recht, Verwaltung und Politik im 
Neuen Deutschland, Stuttgart 1916, S. 33 f., bes. 8. 37 fl. — Gegen die 
neuerdings von RG. i. Ziv. Bd. 89 Nr. 3 angenommene Zulässigkeit zeug- 
schaftlicher Vernehmung eines Richters über den Hergang bei der geheimen 
Beratung und Abstimmung mit Recht Marsson, DJZ. 1918 Sp. 152 f£. 
?: Es gibt kein vom Gesetz entbundenes Volksrichteramt, Ein Wider- 
spruch liegt freilich darin, daß das geltende Recht die Laienrichter Ge- 
setzen „unterwirft“, die sie gar nicht kennen, auch nicht zu kennen brauchen.
	        
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