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Entschädigung nach billigem Ermessen, Herausgabe der Bereiche-
rung, Gewährung des standesmäßigen Unterhalts anordnet, freies
Ermessen bei einstweiligen Verfügungen nach ZPO. $ 938 usw.);
dadurch erfüllt sich zugleich das häufige Verlangen nach freierer
Stellung des Richters gegenüber dem Gesetz. Der Richter ist es
also, der dem Gesetze die praktische Wirksamkeit verleiht, zur
Tätigkeit des Gesetzgebers die notwendige Ergänzung liefert, die
an sich farblosen und toten Vorschriften zu frischem Leben er-
weckt. Damit ist den Gerichten eine bedeutende Macht gegeben;
sie kann, nach Zeit und Umständen sogar die des Gesetzgebers
in den Hintergrund drängen. Solange das Recht nicht in Ge-
setzbüchern niedergelegt ist, sondern sich durch Tradition gewohn-
heitsmäßig entwickelt, sind die Gerichte die hauptsächlichen Träger
dieser Entwicklung. Auch auf höheren Kulturstufen kann die
Gesetzgebung unzulänglich sein; halten sich dann die Gerichte
nicht mehr an die unzeitgemäßen Gesetze, so verlieren diese durch
Nichtanwendung ihre tatsächliche Geltung, und an ihre Stelle
treten durch ständige Rechtsprechung Gerichtsgebräuche und Ge-
wohnheitsrecht. In einem wohlgeordneten Staatswesen darf sich
freilich der Gesetzgeber durch die Entwicklung der Dinge nicht
derart überholen lassen, daß seine Aufgabe der Richter übernimmt.
2. Die Unabhängigkeit unbeamteter Richter ruht vornehmlich
in der Freiheit von dauernden Dienstverhältnissen. Die Gerichte
sind aber größtenteils mit Berufsrichtern besetzt. Diese
sind das Rückgrat der Justiz, die eigentlichen Richter; sie müssen
eine gründliche Vorbildung und eine sichere, unabhängige
Stellung besitzen, um eine zuverlässige und unabhängige Recht-
sprechung zu gewährleisten.
Ihre allgemeine und rechtswissenschaftliche Bildung ist die
Voraussetzung ihrer inneren Unabhängigkeit von rohen Leiden-
schaften und Instinkten, von Vorurteilen und Unwissenheit aller
Art. GVG. $ 2 fordert zur Ausbildung mindestens ein 3 jähriges
akademisches Studium der Rechtswissenschaft (davon mindestens
Archiv des öffentlichen Rechts. XLI. 1. 6