Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

des GVG. gestellte und jetzt auch in die RV. aufgenommene 
Fundamentalsatz von der Unabhängigkeit aller Richter kein bloßes 
Programm oder gar nur Schein ist, sondern zu einer in und von 
der breiten Oeffentlichkeit anerkannten Tatsache wird. 
4. Der richterlichen Unparteilichkeit und Unbefangenheit im 
einzelnen Falle dienen die für alle Prozeßarten im wesentlichen 
übereinstimmenden Vorschriften über Ausschließung und 
Ablehnung von Gerichtspersonen. Richteramt und Partei- 
stellung schließen sich gegenseitig aus; Partei und Richter sind 
unvereinbare Gegensätze, niemand kann Richter in eigener Sache 
sein. Das Verbot gilt auch, soweit es nicht ausdrücklich aus- 
gesprochen ist. Während ZPO. 8 41 ganz allgemein einen Richter 
von der Ausübung des Richteramts in Sachen ausschließt, in denen 
er selbst Partei ist, erklärt StPO. 8 22 einen Richter dann für 
ausgeschlossen, wenn er durch die strafbare Handlung verletzt ist, 
ohne den Fall zu erwähnen, daß er selbst Beschuldigter ist. Die 
StPO. folgt hier Vorgängerinnen, die eine Parteistellung des Be- 
schuldigten nicht kannten und ihn nur als (Untersuchungs-)Objekt 
betrachteten. Auch verwandtschaftliche Beziehungen zu den Par- 
teien wirken als Ausschließungs- und Ablehnungsgründe. 
Die Kehrseite ist die Forderung wechselseitigen Ge- 
hörs, die schon vollständig in das Verfahren einschlägt, nicht 
mehr zur Gerichtsverfassung gehört: Eines Mannes Red’ ist keine 
Red’, der Richter soll die Deele hören beed’; audiatur et altera 
pars. Die Partei als Richter in eigener Sache würde immer nur 
sich selbst hören. Der über die Parteien gestellte Richter muß 
seine Unparteilichkeit, den gleichmäßigen Abstand von beiden 
Parteien, vor allem dadurch beweisen, daß er ihnen gleiches Gehör 
gibt und auch sonst die Gleichheit ihrer Rechte achtet. Auf ein- 
seitiges Vorbringen einer Partei wird grundsätzlich kein Urteil 
zuungunsten der anderen erlassen, sondern erst, nachdem diese 
Gelegenheit zur Verteidigung hatte. Nur minder wichtige oder 
dringliche Entscheidungen, Beschlüsse und Verfügungen, dürfen 
ohne vorgängiges Gehör des Gegners ergehen.
	        
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