Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

g 4. Die Thatigkeit des Dentschen Bundes u. die Errichtung des deutschen Zollvereins. 15 
grenzenden Vereinsstaaten bilden und auf denen ein größerer Handels= und Reise- 
verkehr stattfindet, nur in dem Betrage beibehalten oder neu eingeführt werden 
können, als sie den gewöhnlichen Herstellungs- und Unterhaltungskosten angemessen 
find. In allen diesen Hinsichten wie bezüglich des Verkehrs auf den Schifffahrts- 
straßen soll jeder Vereinsstaat die Angehörigen der anderen Vereinsstaaten, deren 
Waaren und Beförderungsmittel in jeder Beziehung gleich seinen eigenen behandeln. 
In den Gebieten der vertragenden Theile sollen Stapel= und Umschlagsrechte nicht 
zulässig sein. Kanal-, Schleusen-, Brücken-, Fähr-, Hafen-, Waage-, Krahnen- 
und Niederlagegebühren und Leistungen für Anstalten, die zur Erleichterung des 
Verkehrs dienen, sollen nur bei Benutzung wirklich bestehender Einrichtungen erhoben 
werden und mit Ausnahme der Abgaben für die Befahrung der nicht im Staats- 
eigenthum befindlichen künstlichen Wasserstraßen die zur Unterhaltung und gewöhn- 
lichen Herstellung erforderlichen Kosten nicht übersteigen. Alle diese Abgaben sollen 
von den Angehörigen aller Vereinsstaaten auf völlig gleiche Weise wie von den 
eigenen Angehörigen, ingleichen ohne Rücksicht auf die Bestimmung der Waaren 
erhoben werden. Die vertragenden Theile werden gemeinschaftlich dahin wirken, 
daß durch Annahme gleichförmiger Grundsätze die Gewerbsamkeit gefördert und der 
Befugniß der Angehörigen des einen Staates, in dem anderen Arbeit und Erwerb 
zu suchen, möglichst freier Spielraum gegeben werde. Von den Angehörigen eines 
Vereinsstaates, welche in dem Gebiete eines anderen Handel und Gewerbe treiben 
oder Arbeit suchen, soll keine Abgabe entrichtet werden, welcher nicht gleichzeitig 
die in demselben Gewerbeverhältnisse stehenden eigenen Angehörigen unterworfen 
find. Desgleichen sollen Kaufleute, Fabrikanten und andere Gewerbetreibende, 
welche sich darüber ausweisen, daß sie in dem Vereinsstaate, wo fie ihren Wohnsitz 
haben, die gesetzlichen Abgaben für das von ihnen betriebene Geschäft entrichten, 
wenn sie persönlich oder durch in ihren Diensten stehende Reisende Ankäufe machen 
oder Bestellungen nur unter Mitführung von Mustern suchen, in den anderen 
Staaten keine weitere Abgabe hierfür zu entrichten verpflichtet sein. Auch sollen 
beim Besuche der Märkte und Messen zur Ausübung des Handels und zum Ab- 
satze eigener Erzeugnisse oder Fabrikate in jedem Vereinsstaate die Angehörigen der 
anderen Vereinsstaaten ebenso wie die eigenen Angehörigen behandelt werden. 
Von dem Gesammtzollverein sollen — übrigens auch nur vorläusig — die- 
jenigen einzelnen Landestheile der contrahirenden Staaten ausgeschlossen bleiben, 
welche sich wegen ihrer Lage zur Aufnahme in den Gesammtverein nicht eignen. 
Dazu gehören a. ganz abgesondert von dem Hauptlande liegende Landestheile, 
worüber schon ein Blick auf die Landkarte Auskunft giebt"“, und b. solche, welche 
zwar mit dem Hauptlande zusammenhängen, jedoch wegen ihr vorspringenden Lage 
von der Zolllinie ausgeschlossen find. In der Gesammtheit läßt sich vom deutschen 
Zollverein sagen, was heute Artikel 33 der deutschen Reichsverfassung bestimmt: 
Der deutsche Zollverein bildete ein Zoll= und Handelsgebiet, um- 
schlossen von gemeinschaftlicher Zollgrenze. Ausgeschlossen blieben die wegen 
ihrer Lage zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeigneten einzelnen 
Gebietstheile. 
Alle Gegenstände, welche im freien Verkehr eines Staates befindlich 
waren, konnten in jeden anderen Staat eingeführt und durften in letzterem 
einer Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige 
inländische Erzeugnisse einer inneren Steuer unterlagen. 
Hierzu tritt, daß gleiche Grundsätze über die Verfolgung und Bestrafung der 
Zollvergehen eingeführt und daß durch das sogenannte Zollkartell die wechselseitige 
Verfolgung der Zollcontravenienten und Zolldefraudanten gesichert wurde. 
Die Gesetze und Verordnungen des Zollvereins, welche letztere den Namen 
Verwaltungsvorschriften trugen und auf den alljährlich stattfindenden Zollvereins- 
conferenzen erlassen und häufig abgeändert wurden, erhielten ihre für die Unter- 
thanen der Zollvereinsstaaten verbindliche Kraft nur durch die Verkündigung von 
Seiten des Einzelstaates. Dabei galt als Regel, daß in die Gesetze nur das Grund- 
sätzliche und Dauernde, alles Andere in die Verwaltungsvorschriften ausgenommen 
werden sollte. . 
Der Zollverein war seiner rechtlichen Natur nach eine auf Zeit abgeschlossene, 
 
	        
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