Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

26 Erstes Buch. Entstehnug des heutigen Deutschen Reiches. 
Preußen wollte seine Anrechte an den Herzogthümern nur unter den Bedingungen 
vom 25. Februar 1865, nämlich gegen Uebertragung der Militärhoheit, des Aushebungs- 
rechts für seine Flotte, gewisser Häsen, der Festungen, eines Canals und des Post= und 
Telegraphenwesens, an den Herzog Friedrich von Augustenburg abtreten !. Der deswegen 
mit Oesterreich drohende Krieg wurde durch die Convention zu Gastein vom 
14. August 18652 hinausgeschoben, nach welcher Oesterreich sein Anrecht auf Lauen- 
burg, das außerhalb der Augustenburgischen Ansprüche lag, an den König von Preußen 
abtrat, der Condominat aufrecht erhalten blieb und Namens beider Miteigenthümer 
die Regierung in Schleswig allein von Preußen, in Holstein allein von Oesterreich 
ausgeübt werden sollte. Als Oesterreich ohne und gegen den Willen seines Mit- 
eigenthümers die Schleswig-Holstein'sche Frage dem Bunde übergab? und die Hol- 
stein'schen Stände zur Proclamirung des Herzogs Friedrich am 5. Juni 1866 
nach Neumünster einberief", erklärte Preußen (und mit Recht) die Gasteiner Con- 
vention für verletzt, sich an diese nicht mehr gebunden und also wieder zum Mit- 
besitze an Holstein für berechtigt. Demgemäß ließ es seine Truppen am 7. Juni 
unter Manteuffel in Holstein einrücken. Oesterreich, das seine Truppen aus 
Holstein zurückzog, beantragte auf Grund Art. 11 der Bundesacte und Art. 19 
der Schlußacte, nach denen die Bundesglieder einander unter keinerlei Vorwand 
zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten mit Gewalt zu verfolgen, sondern sie bei der 
Bundesversammlung anzubringen verpflichtet waren, sämmtliche nichtpreußische 
Bundesarmeecorps zum Kriege gegen Preußen marschfertig zu machen 5. Dieser 
Antrag wurde im engeren Rathe trotz des Protestes Preußens gegen seine geschäfts- 
mäßige Behandlung am 14. Juni in der Form, daß die 7.—10. nicht österreichischen 
und nicht preußischen Armeecorps mobilifirt werden sollten, unter Stimmenthaltung 
Preußens angenommen #. Darauf erklärte der preußische Bundestagsgesandte 
v. Savigny Namens seines Souveräns den Bund als gebrochen und den Bundes- 
vertrag als nicht mehr verbindlich'. „Damit find jedoch,“ fügte er hinzu, „die 
nationalen Grundlagen, auf denen der Bund beruht, nicht zugleich zerstört, Preußen 
hält vielmehr an diesen Grundlagen und an der über die vorübergehenden Formen 
erhabenen Einheit der deutschen Nation fest, und fieht es als eine unabweisbare 
Pflicht der deutschen Staaten an, für die letztere den angemessenen Ausdruck 
zu finden.“ „Die Regierung legt ihrerseits die Grundzüge einer neuen, den Zeit- 
derzöltnifen entsprechenden Einigung hiermit noch vor und erklärt sich bereit, auf 
den durch eine solche Reform modificirten Grundlagen einen neuen Bund mit den- 
jenigen Staaten abzuschließen, welche ihr dazu die Hand reichen wollen.“ Es 
folgte der Krieg mit Oesterreich und den mit ihm verbundenen Staaten. Dieser 
fand Oesterreich gegenüber in den Nikolsburger Präliminarien vom 
26. Julis und dem Prager Frieden vom 23. August 18667 seinen Abschluß. 
Artikel 2 der ersteren, Artikel 4 des letzteren bestimmen: 
„Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des 
bisherigen Deutschen Bundes an und giebt seine Zustimmung zu einer 
neuen Gestaltung Deutschlands, ohne Betheiligung des österreichischen Kaiser- 
staates. Ebenso verspricht Se. Maj., das engere Bundesverhältniß anzu- 
erkennen, welches Se. Maj. der König von Preußen nördlich von der 
Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich damit einverstanden, daß die 
südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten zu einem Verein zusammen- 
treten, dessen nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde der 
näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt.“ 
  
1 Vgl. Staatsarchiv, VIII, S. 384, undO. Mejer, S. 255; Sybel, IV, S. 433. 
O. Mejer, S. 250; Sybel, Iy, S. 52. * Agl. O. Mejer, S. 256, Anm. 14, 15; 
2 Staatsarchiv, IX, S. 288; Sybel, IV, Sybel, IV. S. 443. 
S. 193. 7 Sybel, IV, S. 444 f. 
2 Staatbarchirg S. 369; Mejer, S. 254; s Staatsarchiv, XI, S. 166; O. Mejer, 
Sybel,. IV, S. 405 S. 257, Anm. 17. 
O. Mejer, S. 255, Anm. 11. "- Glaser- Archiv des Norddeutschen Bundes, 
6 Bundesratsprotocoll vom 11. Juni bei1867, Soft. V. Hahn, Zwei Jahre u. s. w., 
v. Meyer, III, S. 620; Staatsarchiv, XI, S. S7; Berlin 1867, 94 ff. 
 
	        
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